In Israel hat sich etwas verändert in den vergangenen Tagen: Ertönen Sirenen von Rettungsfahrzeugen in der Stadt, denkt man schneller an mögliche Terroranschläge. Jahrelang war das anders. Denn jahrelang hatte es in großen Teilen Israels eben keine schweren Terroranschläge gegeben. Nun gab es innerhalb von einer Woche gleich drei Angriffe. Elf Menschen wurden getötet.
Die Nervosität ist hoch: Gleich zwei Mal gab es am Mittwoch Berichte über mögliche weitere Terrorangriffe mit Messern. Gleich zwei Mal folgte eine Klarstellung: Die Vorfälle hatten einen kriminellen und keinen terroristischen Hintergrund.
Bewaffneter Täter tötete Passanten bei Tel Aviv
Die Sirenen von Rettungswagen ertönten am Dienstagabend auch im Großraum Tel Aviv. "Mitten in Bnei Brak ermordete ein Terrorist zwei Israelis", sagte eine Sprecherin der israelischen Polizei. "Dann lief er weiter und ermordete einen weiteren Menschen in der nächsten Straße. Und noch einen in der nächsten Straße. Er hätte immer weitermachen können. Aber die Polizei fand ihn, tötete ihn und stoppte damit dieses Massaker."
Einer der Polizisten, die den Angreifer stoppten, wurde getötet. Der Mann ist arabischer, manche sagen auch palästinensischer Israeli. Für Bestürzung sorgten Berichte über ein weiteres Todesopfer: Ein junger Familienvater ging mit seinem zweijährigen Sohn im Kinderwagen spazieren. Der Mann soll seinen Sohn mit seinem Körper geschützt haben.
Zwei Ukrainer unter den Opfern
Unter den Opfern sind außerdem zwei ukrainische Staatsbürger. Der Anschlag löste international Solidaritätsbekundungen aus. Auch der palästinensische Präsident Machmud Abbas verurteilte die Tat. Die Tötung von israelischen und palästinensischen Zivilisten werde nur zu einer Verschlechterung der Lage vor dem Ramadan-Fest führen.
Andere palästinensische Bewegungen wie der Islamische Dschihad lobten die Tat hingegen. Und sogar Teile von Abbas Fatah-Bewegung machten das. Im Dorf des mutmaßlichen Täters kamen laut diesen Aufnahmen Menschen mit Fatah-Flaggen zusammen und jubelten.
Sicherheitsgefühl der Israelis ist gesunken
Den israelischen Sicherheitskräften stünden nicht viele Möglichkeiten zur Verfügung, sagt der israelische Journalist Amit Segal vom Fernsehkanal 12. Denn anders als bei früheren Eskalationen seien die Angriffe nicht zentral organisiert.
"Das Sicherheitsgefühl der Israelis ist so schlecht wie seit der zweiten Intifada nicht mehr. Wir hatten zwar vor ein paar Jahren viele Massenangriffe, die waren aber auf einige Orte begrenzt", sagt Segal. "Das ist jetzt anders. Die Anschläge finden tief innerhalb der großen Städte hinter der grünen Linie statt."
Kommunikationsminister: "Unser Zaun ist völlig undicht"
Die grüne Linie markiert die Grenze zwischen Israel und dem besetzten Westjordanland. Auf ihr verläuft teilweise die israelische Sperranlage, die aus Zäunen und Mauern besteht. Es ist aber ein sehr offenes Geheimnis, dass diese Anlage von Palästinensern ohne Passierschein mühelos überwunden werden kann. "Unser Zaun ist völlig undicht und in dieser Lage sind wir seit Jahren", sagte Kommunikationsminister Yoaz Hendel im Armeeradio. "Wir werden ihn wieder dichtmachen und außerdem eine Reihe von Festnahmen und Abschreckungsmaßnahmen durchführen."
In der Nacht nahmen israelische Sicherheitskräfte bereits Palästinenser aus dem Umfeld des mutmaßlichen Attentäters fest. Am Abend kommt das israelische Sicherheitskabinett zusammen. Die israelische Polizei befindet sich in erhöhter Alarmbereitschaft.
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