Der Bund Naturschutz hat inzwischen alle bayerischen Molkereien aufgefordert, ihre Lieferanten zu einem Verzicht auf Glyphosat zu verpflichten. Bis Mitte Januar erwarten die Umweltschützer die Antworten und wollen sie dann veröffentlichen. Umweltschützer und Ökobauern argumentieren: es geht auch ohne Glyphosat, die ökologische Landwirtschaft lebe es vor.
Der Wirkstoff von Glyphosat ist „einzigartig“
Wie sähe die Landwirtschaft aus, wenn Glyphosat tatsächlich verbannt würde? Der Wirkstoff von Glyphosat ist einzigartig, sagt Klaus Gehring, Experte für Pflanzenschutzmittel bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Würde das Mittel verboten, könnten die Landwirte nicht einfach auf ein anderes Herbizid zurückgreifen und weiter arbeiten wie bisher.
Glyphosat tötet alle Pflanzen
Glyphosat wird in Deutschland zum Beispiel kurz vor oder nach dem Säen eingesetzt. Wenn über den Winter eine Zwischenfrucht auf dem Acker angebaut wurde, muss sie im Frühjahr weg, um Platz für Mais, Zuckerrüben oder Raps zu schaffen. Dafür nutzen viele Landwirte momentan Glyphosat. Es tötet alle Pflanzen auf einem Feld. Danach kann die neu gesäte Frucht ohne Konkurrenz wachsen. Ein anderes Herbizid, das genauso wirkt wie Glyphosat, gibt es nicht.
Unkraut herausreißen - statt Unkrautvernichter sprühen
Landwirte müssten stattdessen auf mechanische Lösungen zurückgreifen: wie zum Beispiel den Pflug, den Grubber oder die Fräse. Beim Grubber packen viele kleine Scharen das Unkraut an der Wurzel, gleichzeitig lockert er den Boden auf.
Unkrautvernichtung vom Wetter abhängig
Eine Fräse setzt zum Beispiel Landwirt Eckhart Döring aus dem Norden von Oberbayern ein. Die Fräse dringt nur fünf Zentimeter tief in den Boden ein und schneidet die Wurzeln der Pflanzen ab. Das zerkleinerte Unkraut bleibt dann auf dem Acker liegen und soll dort vertrocknen. Das geht aber nur, wenn die Witterung passt.
"Es muss halt dann ein paar Tage trocken sein, also das muss ich schon sagen, das Wetter muss man stärker im Auge haben als bei der Glyphosat-Anwendung!" Landwirt Eckhart Döring
Der Pflug gräbt den Boden um und damit die darauf wachsenden Pflanzen unter.
Andere Herbizide müssen gespritzt werden
Doch diese Methoden vernichten nicht alle Unkräuter zuverlässig, sagt Pflanzenschutzmittel-Experte Gehring. Später, wenn die neuen Kulturen wachsen, würde auch das Unkraut wiederkommen. Um das zu bekämpfen müssten Bauern dann andere Herbizide spritzen. Das Problem würde also verlagert.
Pflug beansprucht den Boden
Auch die mechanischen Methoden haben Nachteile. Der Pflug fördert die Erosion des Bodens. Außerdem kommt er den Kleintieren im Boden in die Quere:
"Für Insekten und Kleinlebewesen im Boden ist der Pflug der Tod. Das ist ein Weltuntergang für die." Klaus Gehring, Landesanstalt für Landwirtschaft
Schädigt Glyphosat Regenwürmer?
Allerdings kann sich das Bodenleben den Lebensraum nach dem Pflügen sofort wieder zurückerobern. Und auch daran, ob Glyphosat für die Bodenbewohner ungefährlich ist, gibt es Zweifel. Denn ein Forscherteam der Universität für Bodenkultur in Wien kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass Regenwürmer durch Glyphosat geschädigt werden.
Mehr Zeitaufwand und Geld nötig
Landwirt Eckhart Döring ist vor vier Jahren von Glyphosat auf die mechanische Bearbeitung umgestiegen. Das kostet ihn jetzt mehr Zeit und ist teurer. Wenn alle Landwirte in Deutschland auf Glyphosat verzichten würden, würden allein für das Pflügen 500 Millionen Euro Mehrkosten anfallen, schätzt Klaus Gehring von der Landesanstalt für Landwirtschaft. Für Landwirt Döring überwiegen aber die Vorteile:
"Ich glaube, dass dieser grüne Weg der Weg ist, der uns in Zukunft weiterbringt, auch wirtschaftlich. Da bin ich überzeugt, dass diese Alternative mit Sicherheit nicht wirtschaftlich schlechter läuft." Landwirt Eckhart Döring
Landwirt Döring ist mittlerweile komplett auf Bio umgestiegen.