Berg- und Seenlandschaften, ein interessanter Arbeitgeber: Das sind – kurz gesagt – die Gründe, warum Adrian Will und seine Familie ausgewandert sind. Vor einigen Jahren wohnte der 35-Jährige noch in Nürnberg. "Ich wollte für meine Kinder einfach eine Umgebung schaffen, die voller Natur ist, wo sie sich austoben können, wo man einfach viel mit der Familie machen kann", erklärt Will den Antrieb, Deutschland zu verlassen. Seit dem vergangenen Juli wohnt er in der Schweiz.
Deutsche Auswanderer zieht es dort besonders häufig hin – in Europa ist das Nachbarland das beliebteste Ziel für einen Umzug ins Ausland, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden nun mitgeteilt hat. Anfang 2022 hatten knapp 311.300 deutsche Staatsbürgerinnen und -bürger ihren Wohnsitz im Nachbarland. Ihre Zahl nimmt seit Jahren zu. Im Vergleich zu 2021 betrug der Zuwachs allerdings weniger als ein Prozent.
Warum die Schweiz so attraktiv für deutsche Auswanderer ist
"Die Menschen zieht es aus Deutschland in die Schweiz, weil sie eine größere Perspektive haben –kulturell, politisch aber natürlich auch wirtschaftlich und beruflich sehen sie größere Chancen", weiß Eric John, Geschäftsführer von "Einwandern Schweiz". Das Unternehmen berät Menschen aus Deutschland, die in die Schweiz umziehen wollen. Die Schweiz könne mit vielem punkten, was bei jungen Menschen Interesse hervorruft. Zudem habe das Land landschaftlich eine Menge zu bieten.
Weiterkommen, eine bessere Zukunft haben – auch das sind Hoffnungen, die deutsche Expats haben. Laut Auswanderer Will gibt es dafür in der Schweiz genügend Gelegenheiten: "Was das Weiterbildungsangebot angeht, da sind die Schweizer Arbeitgeber doch sehr darauf bedacht, dass sie die Arbeitnehmer nach vorne bringen und nicht zurück."
So viele Deutsche nehmen die Schweizer Staatsangehörigkeit an
Die Schweiz ist auch das Land in Europa, dessen Staatsbürgerschaft Deutsche am häufigsten erwarben: 2021 erreichte die Zahl der Deutschen, die die Schweizer Staatsangehörigkeit annahmen, einen neuen Höchststand: Insgesamt wurden 7.940 Einbürgerungen verzeichnet - 14 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die drittgrößte Gruppe deutscher Staatsbürger lebte Anfang 2022 in Spanien. Gut 142.600 Deutsche hatten dort ihren Wohnsitz – zwei Prozent mehr als Anfang 2021.
Vor seinem Umzug in die Schweiz im vergangenen Juli wohnte Will gut drei Jahre in Österreich – das zweitbeliebteste Auswandererziel der Deutschen in Europa. Dort lebten Anfang 2022 gut 216.700 Deutsche. Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr fiel mit vier Prozent höher aus als bei der Schweiz.
Thema auf Social Media: Verliert Deutschland an Reiz?
Auch im sozialen Netzwerk TikTok wird das Thema Auswandern unter jungen Menschen diskutiert: Eine Influencerin berichtet, in ihrem Umfeld habe sie das Gefühl, immer mehr Menschen planen, aus Deutschland wegzuziehen. "Die jüngere Generation scheint keine Zukunft in Deutschland für sich zu sehen", sagt sie. "Ich überlege auch ernsthaft, dem Land den Rücken zu kehren … Schulsystem? Gesundheitswesen? Schon lange nicht mehr, was es war", schreibt eine Followerin. "Ich bin 23 & weiß ehrlich gesagt nicht, worauf ich mich wirklich in Deutschland freuen soll. Kann ich mir noch ein Haus leisten, wie ist meine Rente …", heißt es in einem anderen Kommentar.
Auch Auswanderer Will kann dies nachvollziehen. Beim Blick auf das tagesaktuelle Geschehen könne durchaus die Frage aufkommen: "Passt das hier noch für mich?" Offenbar beantworten diese Frage immer mehr Menschen in Deutschland mit "Nein": Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts zogen 2022 rund 226.772 Menschen aus Bayern ins Ausland, 1,2 Millionen aus Deutschland. 2021 lag die Zahl noch bei 994.303.
Mit Informationen von dpa
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