Bildrechte: Berlinale 2018

Fotbol Infinit

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Armee gegen Geheimpolizei: Sportfilme auf der Berlinale

Taktikexperten unter sich: Ein rumänischer Fußballtrainer, der unter Diktator Ceaușescu ein legendäres Spiel zwischen den Sicherheitsorganen pfiff, ist auf der Berlinale als Regel-Guru zu sehen. Einer von vielen Sportfilmen. Von Moritz Holfelder

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Auf der Kino-Leinwand 97 Minuten lang nichts weiter als ein vom Fernseher abgefilmtes Fußballspiel: Im Winter 1988 traten die beiden besten Mannschaften Rumäniens gegeneinander an, Dinamo und Steaua, rund ein Jahr vor dem Sturz von Diktator Ceaușescu. Das Team der Armee gegen das Team der Geheimpolizei. Das Spiel wurde legendär, weil es so heftig schneite, dass teilweise die Spieler und schon gar nicht mehr der Ball sichtbar waren.

"Nie gedacht, Regisseur zu werden"

Regisseur Corneliu Porumboiu und sein Vater, der das Match als Schiedsrichter leitete, sprechen über Fußball und Politik, über das Spiel hinter dem Spiel. „The Second Game“ war einer der erstaunlichsten Filme der Berlinale 2014. Jetzt ist der Rumäne mit seinem neuen Werk „Fotbal Infinit“ wieder nach Berlin gekommen.

"Ich habe selbst Fußball gespielt, ganz regelmäßig in einem Verein, so bis zum Alter von 17. Dann fing ich an, mich fürs Kino zu interessieren. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Regisseur werde." Corneliu Porumboiu

Er will die Regeln verbessern

In „Fotbal Infinit“ porträtiert Porumboiu seinen Freund Laurențiu Ginghină, einen Rumänen, der wie ein kafkaesker Beamten Verwaltungs-Beschwerden sortiert und weiterleitet. Ein sehr eintöniger Job, und so sucht sich Ginghină andere Herausforderungen. Er ist ein großer Fußballfan und will die Regeln verbessern. Als eine Art Don Quichote des Runden, das ins Eckige muss, sehen wir ihn vor einer Taktiktafel stehen und seine Vision erläutern: Fußball soll anders, anmutiger und freier werden, durch ein verändertes Spielfeld und die Abschaffung der Abseitsregel. Laurențiu Ginghină brennt für seine Vision, und weiß, dass er keine Chance hat gegen die korrupten Funktionäre – vom rumänischen Verband bis zur FIFA. Die sind nur an der eigenen Macht interessiert. Und an der gnadenlosen Kommerzialisierung des Sports.

So frei war der Sport

Wie frei der Sport einmal war, ist in dem französischen Dokumentarfilm „L’Empire de la Perfection“ zu beobachten. Der basiert auf Material, das mit dem Tennisspieler John McEnroe 1985 in Paris gedreht wurde. In Zeitlupe und aus verschiedenen Perspektiven sieht man McEnroes sich nach hinten krümmenden Rücken beim Aufschlag, seine seltsame Fußstellung, den inneren Kampf gegen seine legendären Wutausbrüche. Auch hier wird klar, wie sehr sich Sport und Berichterstattung dem Kommerz unterworfen haben. So eigenwillige und genialische Spielertypen wie McEnroe kommen gar nicht mehr nach oben.

Wann trainiert eine Frau den FC Bayern?

Viele Filme der Berlinale 2018 blicken in die Vergangenheit, um die Gegenwart zu begreifen und sich für die Zukunft zu wappnen. Wofür lohnt es sich zu kämpfen? Um welche Freiheiten geht es? Wie stark können wir noch unser eigenes Leben bestimmen? Ganz in unserer MeToo-Gegenwart landet man dann in der norwegischen TV-Serie „Heimebane“: Eine Fußballerin verlässt ihr erfolgreiches Frauenteam, um die Trainerin einer Männermannschaft in der ersten Liga zu werden. Sie kämpft gegen Vorurteile, Sexismus, Übergriffe – sie beweist, dass Frauen Männern in nichts nachstehen. Und man fragt sich: Wie lange wird es noch dauern, bis eine Frau Bayern München, Borussia Dortmund oder RB Leipzig trainiert?