Die 25-jährige Israelin, die riesige Ohrringe trägt, arbeitet mit einem Looper. Ein Gerät, mit dem sie ihre Stimme in Wiederholungsschleifen schicken kann. "Schau mich an, ich bin eine schöne Kreatur", singt Netta Barzilai und blickt voller Selbstbewusstsein in die Kamera. Dabei entspricht die kräftige Israelin nicht gerade klassischen Schönheitsidealen.
Mit ihrem Song, sagt Netta, will sie eine Botschaft aussenden: Das man Erfolg haben kann, auch wenn man nicht einem bestimmten Standardbild entspricht. Beim Aussehen, Denken und Reden. Die Sängerin wuchs in einem Vorort von Tel Aviv auf. Ihren Wehrdienst verbrachte sie im Musikkorps der israelischen Armee. Anschließend studierte sie an einer Musikhochschule in Tel Aviv. Und jetzt ist Netta Barzilai eine der und vielleicht die Top-Favoritin des Eurovision Song Contest.
"Das ist mir peinlich. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie eine Favoritin. Aber ich versuche fokussiert zu bleiben. Ganz ehrlich: Es freut mich, dass ich die Favoritin bin. Besonders, wenn man bedenkt, dass es ein sehr spezieller Auftritt ist. Für mich ist es eine Ehre." Netta Barzilai
#metoo auf israelisch
"Ich bin nicht Dein Spielzeug, dummer Junge", singt die Israelin auf Englisch. Es ist die Botschaft in einem Song, der zunächst etwas oberflächlich wirkt, aber einen ernsten Hintergrund hat. Netta Barzilai will einen Beitrag in der #metoo-Debatte leisten. Beim Song "Toy" geht es also nicht um Klamauk und genau das könnte die Chancen auf einen Sieg beim Wettbewerb steigern. Israel hat den Song Contest bereits drei Mal gewonnen, zuletzt im Jahr 1998.
Damals gewann mit Dana International eine Transsexuelle und das Image vom toleranten, weltoffenen Tel Aviv verbreitete sich plötzlich weltweit. Für das kleine Land Israel ist eine Teilnahme an Wettbewerben in arabischen Ländern undenkbar. Den europäischen Song Contest nehmen die Israelis daher sehr ernst. Netta Barzilai wird auch von der israelischen Regierung unterstützt.
"Ich bin sehr stolz, auf das, was ich da gerade mache. Israel ist jetzt 70. Jahre alt und ich habe einen Hype kreiert. Wenn ich tatsächlich gewinne, wird das groß. Die Menschen werden sehr stolz sein und sie brauchen dieses Glück." Netta Barzilai
Protest kommt lediglich von der israelkritischen BDS-Bewegung, der auch Antisemitismus vorgeworfen wird. Sie hat die Zuschauer aufgerufen, bloß nicht für die Sängerin aus Israel abzustimmen. Netta Barzilai hat sich zu diesem Thema noch nicht geäußert. Doch es gibt eine kleine Zeile in ihrem Lied, die sie auf Hebräisch singt. "Ani lo buba", ich bin keine Puppe. Gut möglich, dass sich die selbstbewusste Israelin mit dieser Botschaft auch an ihre Gegner richtet.