Auf 93 Seiten hat sich die Monopolkommission, ein unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung, mit der geltenden Buchpreisbindung befasst. Ergebnis: Das "Kulturgut“ Buch brauche keine Schutz vor Wettbewerb. Jedenfalls sei derzeit nicht erkennbar, welche Vorteile die Preisbindung überhaupt habe. Es sei weder nachvollziehbar, welche Auswirkungen die jetzige Regelung auf die Höhe der Preise, noch auf den Buchhandel und die Lagerhaltung habe. Die Preisbindung sei im Übrigen nicht vereinbar mit dem grenzüberschreitenden Warenverkehr, denn ausländische Anbieter seien daran nicht gebunden und könnten, wie jetzt schon die Versand-Apotheken, jederzeit die inländischen Bestimmungen aushebeln.
Regeln "überlebt" durch Marktentwicklung?
Auf europäischer Ebene halte sich die Rechtssprechung ohnehin längst an die Gepflogenheiten des Internet-Vertriebs, der viele bisherige nationale Maßnahmen in einem gänzlich anderen Licht erscheinen lasse.
Deshalb ist dem nationalen Gesetzgeber zu empfehlen, bei Regelungen, die mit Markteingriffen im grenzüberschreitenden Vertrieb verbunden sind, von vornherein in Betracht zu ziehen, dass diese Regelungen sich durch die Marktentwicklung überleben und auch in diesem Fall mit den Vorgaben des EU-Rechts in Konflikt geraten können. – Monopolkommission
Schutz nicht "eindeutig" bestimmt
Die Experten kritisieren jede Menge Unklarheiten im jetzigen Regelwerk. So müsse "eindeutig“ bestimmt sein, welche Wirtschaftsgüter überhaupt als "Buch“ geschützt seien, das sei aber in dieser Klarheit nicht der Fall, zumal es keine Abgrenzung zwischen E-Books und gedruckten Exemplaren gebe. Gleichwohl ist unbestritten, dass der Gesetzgeber die Kompetenz hat, marktregelnde Entscheidungen zu treffen:
Der deutsche Gesetzgeber ist nach dem EU-Recht frei, ob er das Kulturgut Buch überhaupt schützen möchte. Daneben verfügt er über einen Spielraum dahin gehend, wie er dieses Schutzgut in der Sache ausgestaltet und welche Instrumente er zum Schutz einsetzt. – Monopolkommission
"Unterhöhlt" die Kommission den Buchmarkt?
Bundeskulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) zeigte sich in einer ersten Reaktion "fassungslos“ über die Empfehlungen:
Die Stellungnahme der Monopolkommission unterhöhlt die jahrelangen Bemühungen der Bundesregierung, das Angebot und die Breite des Kulturgutes Buch in Deutschland zu fördern und den unabhängigen Buchhandel und die Verlage als Garanten in ihrer Vielfalt zu schützen. – Monika Grütters (CDU)
Grütters verwies darauf, dass die Regierungsfraktionen von Union und SPD eine weitere "Stärkung" der Buchpreisbindung vereinbart hätten.
Die literarische Welt in Deutschland ist in ihrer Vielfalt an Autoren, Verlagen und Buchhandlungen fast einzigartig und deshalb nachhaltig zu schützen! Der Bestand dieser kulturellen Errungenschaft, die prägend für Deutschland als Kulturnation ist, kann nicht allein den Mechanismen des freien Marktes überlassen werden. Gerade angesichts der Marktmacht einiger weniger global agierender Internetkonzerne ist die Buchpreisbindung als zentrales Instrument der Vielfaltssicherung für die deutsche Buch- und Verlagslandschaft unverzichtbar. Deshalb setze ich mich weiterhin mit aller Kraft für den Erhalt der Buchpreisbindung ein. - Monika Grütters
Vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels hieß es wenig verwunderlich, die Preisbindung garantiere „Qualität und Vielfalt“ auf dem Buchmarkt, das Gutachten der Monopolkommission beruhe auf "veralteten Daten“, der Wettbewerb werde nicht "unangemessen beschränkt“.