"Ein Fernsehmann sagt, wenn ihm gar nichts mehr einfällt: 'Lassen wir die Bilder auf uns wirken.' Das soll mal ein Radiomann sagen. Radio ist schwieriger als Fernsehen. Man hat nur die Stimme und seine eigene Fantasie zur Verfügung. Du musst im Radio Geschichten erzählen können, im Fernsehen macht das die Kamera", sagte Hans Meiser einmal in einem Online-Interview. Offenbar wollte der Journalist diese Herausforderung noch einmal bestehen, denn er gründete nach Angaben der "Bild"-Zeitung erst kürzlich in Lübeck mit einigen Geschäftspartnern den Sender "Radio Wellenrausch", wo er angeblich ein "Comeback" am Mikrofon feiern wollte. Mit im Boot: Harald Thoma, der Sohn des unvergessenen RTL-Urgesteins Helmut Thoma.
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Radiosender gibt in Mitteilung Meisers Tod bekannt
Doch jetzt hieß es in einer Mitteilung des Hörfunk-Anbieters: "Die TV-Legende, der Moderator und Mitgründer von unserem Sender Radio Wellenrausch ist im Alter von 77 Jahren unerwartet an Herzversagen verstorben. Hans Meiser hat sich vom ersten Tag an leidenschaftlich um den Aufbau unseres Senders gekümmert und hierfür zahlreiche Formate entwickelt. Wir werden diesen großartigen Mann, Freund und Mitgründer unseres Senders Radio Wellenrausch nie vergessen! Danke Hans. Danke für alles."
"Urvater" des krawalligen TV-Talks
Der 1946 in Bad Rothenfelde in Niedersachsen geborene Journalist hatte bereits als Teenager beim Süddeutschen Rundfunk angefangen. In Stuttgart studierte er Germanistik und Geschichte, verließ die Uni allerdings ohne Abschluss und stieg 1971 in die Nachrichtenredaktion von Radio Luxemburg ein. Ab 1984 gehörte er zur "Startaufstellung" von RTL aktuell, einem der ersten deutschen Privat-Fernsehsender. Dort moderierte Meiser zunächst die Nachrichten. Bundesweit prominent wurde er jedoch mit seiner Nachmittags-Talkshow, die erstmals am 14. September 1992 zu sehen war. Nach eigener Darstellung sollten dort "ganz normale Menschen" auftreten.
Meisers Fernsehquoten: von "nicht messbar" bis 40 Prozent
"Es gab viel Gegenwind. Sechs Wochen war unsere Quote gar nicht messbar. Wir waren das schwarze Loch im Fernsehuniversum", so Meiser über die ersten Erfahrungen mit dem Publikum. Doch schnell stellte sich der Erfolg ein. Einschaltquoten von bis zu 40 Prozent gaben Meiser recht. Er wurde zum "Urvater" des mitunter krawalligen TV-Talks, bei dem er zum Beispiel das Potenzmittel Viagra zum Thema machte.
Den Vorwurf, er habe zum "Unterschichtenfernsehen" beigetragen, beantwortete Meiser gegenüber dem "Spiegel" einmal mit dem Hinweis darauf, dass RTL in seiner Anfangszeit "kein Geld" gehabt habe: "Wir hatten keine Ahnung, wie man Fernsehen macht. Doch man kann ja auch mit Lebensmitteln, die schon 14 Tage abgelaufen sind, noch was Leckeres kochen." Mancher öffentlich-rechtliche Kollege habe den Sender als "ansteckende Krankheit" betrachtet: "Die Öffentlich-Rechtlichen ärgerte, dass wir anders waren. Bei Hitze saßen wir zum Beispiel auch mal ohne Krawatte da - das hatte es vorher nicht gegeben."
Meiser und RTL: Erfolgreiche 1990er - Abschied in Ärger
Die 1990er-Jahre erwiesen sich als Meisers erfolgreichste Ära, der mit seiner Produktionsfirma CreaTV neben seiner eigenen Sendung auch Formate wie "Der heiße Stuhl", "Notruf täglich" und "Bärbel Schäfer" produzierte. 2009 musste CreaTV Insolvenz anmelden.
Nach einigen weiteren Aufgaben bei RTL fühlte er sich dort nach eigenen Worten 2010 "abgeschossen wie eine Wildsau in der Morgensonne": "Es gab kein Danke von der Geschäftsleitung." Mit der Medienwelt hadernd, behauptete Meiser, die Umgangsformen seien dort "rau geworden": "Wenn ich heute neu starten würde, und wüsste, was ich weiß, dann wäre ich eher Supermarktleiter geworden." Er kritisierte die Einförmigkeit der Talkshow-Themen und die seiner Meinung nach "immer dieselben Pappnasen".
Meiser über sich: "Ich wurde auch mal kiebig"
Rückblickend sagte er zu seinen eigenen großen Erfolgen: "Bei uns waren die Kuchenstücke noch relativ breit, weil es im Vergleich zu heute weniger Talkshows gab", erinnerte sich Meiser an seine erfolgreichste Zeit. "Ich denke, wir hatten auch eine andere Methodik. Ich habe immer versucht, die Leute aussprechen zu lassen und sie nicht zu unterbrechen. Wobei der Kritiker natürlich sagen wird, er hat sie sogar soweit gebracht, dass Menschen vor Wut das Studio verlassen haben. Wenn mich einer anlog, wurde ich auch ein bisschen kiebig, dann habe ich das Gespräch schon so geleitet, dass er besser gegangen ist. Es war eine andere Zeit." Die "tollen Geschichten" fänden im Fernsehen nicht mehr statt, so Meiser zum aktuellen Zustand des Mediums, das ihn berühmt machte.
Kritik für Engagements nach RTL-Ära
Meiser wurde 1993 mit dem Bambi ausgezeichnet und erhielt im selben Jahr die Goldene Kamera. Nach seiner RTL-Karriere war er kurze Zeit als Sidekick bei Jan Böhmermann im ZDF zu sehen. Heftige Kritik musste Meiser aushalten, als bekannt wurde, dass er für ein Online-Portal tätig war, das auch rechtspopulistische Verschwörungstheorien verbreitete. Im Übrigen war der Journalist in vielen Netz-Medien als Werbefigur für Finanzprodukte allgegenwärtig. Er "warnte" vordergründig vor bestimmten Aktien, was Kritiker allerdings als verkappte Abo-Werbung für einen Verlag bezeichneten.
Rückblickend nicht auf alles stolz
Wirklich bereut hat Meiser seine Gastrolle in Rudi Carrells "7 Tage - 7 Köpfe": "Manchmal klappte das, viel öfter nicht." Und auf sein 14-sekündiges Telefonat mit einem der Geiselnehmer von Gladbeck, das er dann auch in die Sendung nahm, war der Journalist im Nachhinein ebenfalls nicht sonderlich stolz: "Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits denke ich: Ein schlechter Journalist ist, wer nicht auf die Idee kommt, sowas zu machen. Aber ein schlechter Journalist ist auch, wer sowas nachher tatsächlich sendet - zumal nichts Interessantes gesagt wurde."
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