Gustl Bayrhammer, den viele als Meister Eder und Tatort-Kommissar Melchior Veigl kennen, wäre am 12.02. 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass hat die Familie Bayrhammer den Nachlass des Volksschauspielers - und auch den seines Vaters Max Bayrhammer, der ebenfalls Schauspieler war - dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv übergeben. Mit dessen Direktor Thomas Paringer sprach die kulturWelt über Gustl Bayrhammer und seinen Nachlass.
Knut Cordsen: Das Schauspiel ist bekanntermaßen eine flüchtige Kunst. Was genau haben Sie denn da an Memorabilien von der Familie Bayrhammer vermacht bekommen?
Thomas Paringer: Dieses sogenannte "Familienarchiv Bayrhammer" umfasst biografische Unterlagen von Gustl Bayerhammer, aber vor allem auch von seinem Vater Max, der heute eher vergessen ist. Was sich darin auch befindet, sind Gegenstände, wie insbesondere seine Auszeichnungen. Denn Gustl Bayrhammer hat gerade mit seiner Rolle als Meister Eder in "Pumuckl" alle großen nationalen Filmpreise gewonnen, unter anderem den Bayerischen Filmpreis oder den Bambi. Und diese Stücke befinden sich nun auch in diesem Familienarchiv.
Gustl Bayrhammer oder Adolf Gustav Rupprecht Maximilian Bayrhammer, wie er ganz korrekt mit vollem Namen hieß, kam nicht von ungefähr zur Schauspielerei, sondern das lag bei ihm in der Familie. Schon sein Vater Max Emanuel war Schauspieler. Aber Max Bayrhammer scheint das erst mal für gar keine gute Idee gehalten zu haben, dass der Gustl auch Schauspieler werden wollte.
Ja. Da muss man vielleicht auch den Hintergrund kennen. Dieser Max Bayrhammer hat zunächst eigentlich beinahe eine Bilderbuch-Karriere als Schauspieler hingelegt. Er konnte auf allen großen deutschsprachigen Bühnen echte Hauptrollen spielen und musste dann aber miterleben, wie sein Stern zu sinken begann. Er ist, als er etwa das fünfzigste Lebensjahr erreicht, kaum mehr zu großen Rollen herangezogen worden und hat gegen Lebensende dann wirklich auch die prekären Lebensumstände eines Schauspielers erleben müssen. Und tatsächlich ist er erst mit über 50 Vater geworden, und da wollte er möglicherweise seinem kleinen Sohn einen anderen Weg vorschlagen. Gustl Bayerhammer aber ist seinem Herzen gefolgt. Bei der Idee, ihm eine kaufmännische Ausbildung angedeihen zu lassen, hat Gustl selber nicht mitmachen wollen.
Max Bayrhammer hatte Engagements vom Münchner Gärtnerplatztheater bis hin zum Wiener Volkstheater in seiner großen Zeit. In den 20er Jahren bereits trat er bei Veranstaltungen der Nationalsozialisten auf. Warum dieser Wechsel ins Politchargenfach? War er selbst Parteianhänger? Oder war es die schiere Not, die Sie eben gerade schon beschrieben haben?
Nein, ich denke, da ist durchaus eine Überzeugung dahintergestanden. Denn Max Bayrhammer ist wohl auch Mitglied der Thule-Gesellschaft gewesen, also einer Bewegung mit völkischen, auch antisemitischen Ideen, die 1919 als Gegenpol der kommunistischen Revolution in Bayern gewirkt hat. Und er hat bereits in den frühen 20er Jahren Parteiveranstaltungen der NSDAP begleitet, als Unterhalter und später dann auch als Schauspieler und Moderator bei Veranstaltungen der NS-Gemeinschaft "Kraft durch Freude".
Sein Sohn hat seine Einberufung zur Wehrmacht und die Stationierung in Berlin seinerseits dazu genutzt, den Sprung auf den Thespis-Karren zu wagen. Er hat nämlich beim Schillertheater vorgesprochen und seinen Sold dafür ausgegeben, um bei Heinrich George Schauspielunterricht zu nehmen. Er hat dann auch unter Gustav Gründgens gearbeitet. Was erfährt man über diese Zeit aus dem Nachlass?
Leider finden sich im Nachlass dazu keinerlei Informationen. Wir haben, das, was jetzt bekannt ist, aus anderen Quellen erfahren.
Von Anfang an hat Bayrhammer Buch geführt über seine Rollen und Auftritte, erst handschriftlich, dann mit Schreibmaschine, vom ersten Auftritt in Sigmaringen bis hin zu seiner allerletzten Theatervorstellung in seinem Todesjahr 1993. Jede einzelne Vorstellung penibel mit Datum und Ort notiert. Was genau hat er da vermerkt?
Er hat im Prinzip nur das Datum und das Stück vermerkt, also er hat nicht unbedingt auch seine Rolle hervorgehoben, sondern nur das Stück und natürlich den Ort, also die jeweilige Bühne vermerkt, aber äußerst akribisch und sogar seit 1945. Denn er hat wirklich seinen allerersten Auftritt noch im November 45 als eigentlich gerade fertig gewordener Schauspieler in Sigmaringen antreten können. Und danach hat er jeden einzelnen Tag, den er auf der Bühne stand - und das dürften weit über 5000 Auftritte gewesen sein - festgehalten.
Der Nachlass wird jetzt erst sortiert und erschlossen. Glauben Sie, dass dieser Nachlass unser Bild von Gustl Bayrhammer noch einmal erweitern oder sogar verändern wird?
Also das ist bei Nachlässen immer die große Frage, ob sie posthum noch neue Erkenntnisse stiften können. Unbestreitbar ist, dass ein Nachlass oder in diesem Fall dieses Familienarchiv das dauernde Andenken an die Person erhalten wird - und deswegen ein herzlicher Dank an die Schenkende, die Schwiegertochter von Gustl Bayrhammer. Aus Erfahrung weiß man, dass Dinge, die in Privatbesitz verbleiben, nur wenige Generationen überstehen. Da steckt kein böser Wille dahinter, das ist einfach der Lauf der Dinge. Das Papier zerfällt, Dinge werden beschädigt und gehen irgendwann verloren. Durch diese Schenkung an das Bayerische Hauptstaatsarchiv konnte das in diesem Fall natürlich vermieden werden.
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