Zwei junge Männer kleben Anzeigen an eine Mauer
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Thomas Jensen (Sebastian Jakob Doppelbauer, li.) und Holger Hübner (Sammy Scheuritzel) gründeten 1990 das Wacken-Open-Air

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"Legend of Wacken": Charly Hübner als Metal-Fan

In der 200-Seelen-Gemeinde Wacken in Schleswig-Holstein findet seit über 30 Jahren eines der größten und wichtigsten Metal-Festivals der Welt statt. Jetzt erzählt die Serie "Legend of Wacken" mit Charly Hübner von den Anfängen des Festivals.

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Ein Stromschlag und da liegt er, die blonden Locken aufgestellt, der massige Körper am Boden: Holger Hübner, 55 Jahre alt, Gründer vom Wacken Open Air. Grad stand er selbst noch unter Strom, am ersten Tag des Wacken Festivals 2022. Dann ist es zappenduster. Und seinen Freund und Festival-Kompagnon Thomas Jensen packt die Panik. Er versucht, den bewusstlosen Hübner aus dem Delirium zu holen, mit Anekdoten aus der Anfangszeit des Festivals – und dem Beginn ihrer Freundschaft.

Diese reichlich konstruierte Rahmenhandlung ist natürlich Quatsch und frei erfunden, so wie vieles in "Legend of Wacken". Die Serie erzählt nicht die wahre Geschichte, sondern das, was nach literweise Schnaps und dem Gefühlskarussel von 30 Jahren Festival noch davon übrig ist. Und das ist sehr unterhaltsam, selbst für die, die noch nie ein Rockfestival besucht haben.

Charly Hübner und Aurel Manthei als Festival-Gründer

Ende der 1980er Jahre lernen sich Thomas Jensen und Holger Hübner kennen. Die beiden könnten gegensätzlicher nicht sein: Der eine ein wortkarger bis cholerischer Metal-Head, der andere ein feierwütiges Großmaul. Aber beide haben eine Leidenschaft fürs Saufen und die lauteste, härteste Musik, die sie finden können. Und weil's die da am – Zitat – "Arsch der Heide" in der Provinz Schleswig-Holsteins so nicht gibt, stellen Jensen und Hübner und ein paar Freunde 1990 eben ihr eigenes kleines Festival auf die Beine. Für acht Mark Eintritt, mit regionalen Metal-Bands auf dem Acker eines benachbarten Bauern.

Die Metal-Welt zu Gast in einem deutschen Dorf

Das Wacken Open Air ist geboren, aber die echten Herausforderungen kommen erst noch auf die jungen Männer zu. Obwohl viele Dorfbewohner sich von Anfang an über den frischen Wind der jungen Leute freuen, wird das Festival natürlich skeptisch beäugt. Eine Jugendarbeiterin warnt vor Satanismus. Der Müll und Lärm sind Anwohnern ein Dorn im Auge. Trotzdem ist Wacken der einzig richtige Ort für ein solches Festival: Ein verschlafenes Dorf, in dem der Polizist beim Vornamen begrüßt wird, die lokalen Gastronomen Wegbier an Festivalpilger verkaufen und der Kreditberater ein alter Schulkollege und selbst Metal-Fan ist.

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Die Schauspieler Charly Hübner und Aurel Manthei als Wacken-Gründer

Teile von "Legend of Wacken" wurden beim Wacken Open Air 2022 inmitten der echten Festivalbesucher auf der echten Bühne und mit echten Stars der Szene, wie Metal-Sängerin Doro Pesch gedreht. Die Hauptdarsteller sehen ihren realen Vorbildern zum Verwechseln ähnlich, verstorbene Größen, wie Lemmy Kilmister von Motörhead suchen den bewusstlosen Hübner heim, und verwackelte und körnige Home-Video-Aufnahmen verstärken die Illusion einer Zeitreise in die 1990er-Jahre.

Obwohl die Serie ästhetisch sehr viel Wert auf eine möglichst akkurate Inszenierung der Anfangsjahre legt, nimmt sie sich nicht zu ernst. "Legend of Wacken" ist eine liebevolle Parodie, die allerdings manchmal in Klischees und Albernheiten umschlägt. Das wird schon im Intro klar, wo stilecht zum flammendem Rinderschädel (dem Symbol des W:O:A) Gitarren aufkreischen.

Im Kern ist die Serie, die bei RTL+ und nachfolgend bei Nitro zu sehen ist, eine Legende vom Erwachsenwerden, einer klassischen Männerfreundschaft, ihrer Liebe zur Musik und ihrer Heimat. Und die ist herrlich bekloppt und größenwahnsinnig. So wie das Festival, ihre Gründer und Metal selbst auch.

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