Asfa-Wossen Asserate
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Der Autor Asfa-Wossen Asserate

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Wann Umbennungen dem Kampf gegen Rassismus schaden

Wann Umbennungen dem Kampf gegen Rassismus schaden

Sollen Museen Gemälde mit vermeintlich rassistischen Titeln umbenennen? Oder verdecken solche Maßnahmen nur tiefere Probleme? Der Autor Asfa-Wossen Asserate gibt mit seinem Buch "Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?" unbequeme Antworten.

"Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?",  heißt ein altes deutsches Kinderspiel. Ein Fangspiel, in dem der Fänger als "schwarzer Mann" auftritt. Sollte man heute darüber nachdenken, das Spiel umzubenennen, angesichts der vielen Versuche, Rassismus und Diskriminierung aus sprachlichen Wendungen zu verbannen? Der Autor und Publizist Asfa-Wossen Asserate, bekannt geworden mit dem Bestseller "Manieren", stammt aus der Familie des entthronten äthiopischen Kaisers und lebt schon seit dem Studium in Deutschland. Jetzt hat wer den Namen jenes Kinderspieles zur Überschrift einer persönlichen Wortmeldung zur Identitätsdebatte gemacht. Judith Heitkamp hat mit ihm gesprochen.

Judith Heitkamp: In unserem Vorgespräch kamen wir von der Frage "Wie spreche ich Sie an?" auf die Frage "Wie möchten Sie bezeichnet werden?" Offenbar begegnet man Ihnen heute anders als früher ...

Asfa-Wossen Asserate: Das ist richtig. Wenn mich früher, als ich nach Deutschland kam, jemand angesprochen hat, dann wusste ich, dass die Fragenden neugierig waren. Sie sahen einen fremden Menschen und waren wissbegierig. Wenn mich heute jemand fragt, "Woher kommen Sie?", dann habe ich mitunter den Eindruck, dass derjenige einfach nicht wahrhaben möchte, dass in mir auch ein Deutscher steckt. Dass er, weil ich eben ein schwarzes Gesicht habe, vielleicht auch nicht akzeptieren möchte, dass ich ein Deutscher bin. Wenn ich sage: "Ich komme aus Frankfurt", dann kommt bestimmt: "Ja, aber woher kommen Sie denn wirklich? Wo sind sie geboren?"

Wie wichtig sind aus Ihrer Sicht Bezeichnungen? Sollte das Kinderspiel "Wer hat Angst vorm schwarzen Mann" weiterhin so heißen? Ist es richtig, um ein aktuelles Beispiel zu nehmen, wenn die Dresdner Kunstsammlungen jetzt viele ihrer Ausstellungsstücke umbenennen?

Es gibt gewisse Worte, die verletzen. Das N-Wort möchte ich niemals benutzen, weil es tatsächlich böse ist. Es stammt aus einer Zeit, wo man uns Böses tun wollte. Aber wir sollten grundsätzlich die unproduktiven, spalterischen und oft auch rein symbolischen Debatten hinter uns lassen. Ich jedenfalls möchte nicht weiter über vermeintlich richtige oder falsche Begriffe und Haltungen diskutieren. Ich möchte lieber konstruktive Debatten darüber führen, wie wir wieder zusammenkommen können, was wir dafür tun können, dass schwarze Menschen in allen Bereichen des Lebens präsent sind, wie wir ihre Bildungs- und Aufstiegschancen verbessern, wie wir dafür sorgen können, dass sie ein selbstverständlicher Bestandteil unserer Gesellschaft werden. Wenn wir uns weiterhin mit Marginalien befassen, dann, befürchte ich, werden wir die wahren rassistischen Institutionen, die es leider Gottes gibt, vergessen.

Bei unsensibler Sprache geht es oft um sogenannte Mikroaggressionen: Menschen, die Opfer von Diskriminierung sind, erleben in ihrem Alltag viele kleine Nadelstiche, die mit latenten Vorurteilen und Stereotypen zu tun haben. Kommen wir über eine stärkere Sensibilisierung zu weniger Rassismus?

Nein. Ich bin absolut der Meinung, dass wir nur durch Bildung weiterkommen. Wenn ich heute einen Keks nicht mehr "Afrika" nennen darf …. Sie wissen, ein Hersteller in Norddeutschland musste den wunderschönen Namen "Afrika", den dieser Keks seit über 70 Jahren trug, ändern. Ja, entschuldigen Sie! Seit wann ist "Afrika" zu einem Schimpfwort geworden? Ich bin doch stolz, ich bin ein stolzer Afrikaner! Sie haben von den Kunstsammlungen geredet: Was ist denn so schlimm an dem Titel "Afrikanische Venus"? Und was wollen wir durch die Umbennung bezwecken, werden wir auch nur einen Rassisten dadurch verändern? Nein! Wir müssen tiefer gehen, wir müssen zusehen, dass wir Verständnis bekommen für Traumata wie Sklaverei und  Kolonialismus. Die Herzen verändern, darum geht es mir.

Stichwort Bildung: Ihr Essay legt einen Schwerpunkt auf die Geschichte Schwarzer Menschen in Deutschland und Europa seit der Antike. Liegt da der Knackpunkt? Dass es daran im Geschichtsunterricht gründlich fehlt?

Absolut. Das ist es. Sonst würde man auch nicht dazu kommen, dieses Kinderspiel als rassistisch anzusehen. "Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?" – mit diesem schwarzen Mann ist nicht der Afrikaner oder der Mann mit einem schwarzen Gesicht gemeint, sondern die Pest. Es ist im Mittelalter entstanden. Unsere Aufgabe müsste sein, solche historischen Bezüge in die richtige Konnotation zu bringen. Wir können die Vergangenheit nicht verändern. Wir können sie nicht ungeschehen machen. Aber wir können sagen: Nie wieder! Nie wieder Sklaverei! Nie wieder Kolonialismus! Nie wieder Rassismus!

Asfa-Wossen Asserate: "Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?", erschienen bei dtv, 16 Euro

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