Die nächste Berlinale wird noch Dieter Kosslick leiten, doch es ist unweigerlich seine letzte. In den letzten Jahren gab es zunehmend Kritik an seiner Auswahl, am Ablauf, an den Gästen. Die Berlinale steckte in einer „Führungskrise“. Experten befassten sich damit und kamen zum Ergebnis, das Festival künftig von zwei Personen leiten zu lassen, einem Geschäftsführer und einem künstlerischen Leiter. Der ist jetzt offenbar mit Carlo Chatrian gefunden. Der smarte Leiter des Festivals im schweizerischen Locarno soll die Berlinale wieder „relevanter“ machen. In Locarno überzeugte er mit populärem wie experimentellem Profil:
Wir wollen lieber nach vorne blicken als zurück auf die großartige Geschichte des Festivals. Ich habe die Reihe „Locarno 70“ ins Leben gerufen, wo Filme gezeigt werden, die alle mal in Locarno ihre Uraufführung hatten. Das ist für mich eine Möglichkeit zu zeigen, dass unser Festival immer für Entdeckungen stand. – Carlo Chatrian über seine Arbeit in Locarno
Leicht wird die Arbeit in Berlin für Chatrian nicht werden: Viele reden an der Spree mit, das Publikum ist verwöhnt, die Medien erwarten jedes Jahr aufs Neue große Stars:
Als Direktor muss ich mich nicht nur um die Auswahl der Filme kümmern oder selbst Filme ansehen, sondern auch mit Dingen beschäftigen, die weniger interessant sein mögen, aber genauso wichtig sind, um ein Festival am Laufen zu halten. Es geht um die Orte, wo ein Festival stattfindet, um die Gäste und die Jury und die Beziehungen zwischen den großen Stars, die anreisen. Es ist also eine komplexe Arbeit. Seit ich 15 war beschäftige ich mich mit dem Kino, nicht erst mit der Arbeit in Locarno. – Carlo Chatrian über seine Arbeit als Festivalleiter
In einem Interview der Wochenzeitung "Die Zeit" hatte Chatrian noch im vergangenen Jahr gesagt, die Berlinale sei «ein großartiges Festival mit viel Potenzial», aber er sei eher ungeeignet dafür, "zumal ich ja kein Deutsch spreche". Am Freitag will Kulturstaatsministerin Monika Grütters offiziell die neue Leitung der Berlinale bekannt geben.