Frauen mit der Ukraine-Flagge
Bildrechte: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Sachelle Babbar

Protest in München von einer der NAFO verbundenen Organisation

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Nafo: Mit Humor gegen die russische Kriegspropaganda

Das russische Regime hat viel Geld in Trollfabriken und die Produktion von Fake News investiert, mehrheitlich zum Thema Ukraine. Inzwischen bekommt es deutlich Gegenwind von der Nafo, einer Spaßguerilla, die im Netz Putin und seine Anhänger bekämpft.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Gutgelaunte ukrainische Soldaten beim Elektro-Dance, in jeder Hand Himars Raketenwerfer – so heißen die berühmten, von den USA an die Ukraine gelieferten Mehrfachraketenwerfer, die mächtigste Waffe der Ukraine. Das ist zu sehen auf einem Nafo-Video. Den Refrain des Video-Songs "Do it again" übernehmen Shiba-Inu-Avatare, Hunde mit Militärschiffchen auf dem Kopf. Shiba-Inu ist japanisch und bedeutet eigentlich "kleiner Hund". Shiba-Inu bezeichnet aber zugleich die fuchsähnliche niedliche Hunderasse, die der Nafo als Maskottchen und Meme dient. In Anlehnung an die Nato nennt sich die digitale Graswurzelbewegung, die russische Desinformation im Internet bekämpft, Nafo: North Atlantic Fella Organisation.

Mit Nonsense der Propaganda kontern

Tausende Freiwillige - Fellas - kontern im Internet, vor allem auf Twitter und Reddit, russischen Propagandamärchen. Die Sprache der Fellas: Nonsense. An der Rhetorik-Front kann jeder kämpfen. Um Fella bei der Nafo zu werden, muss man jedoch für die ukrainische Armee oder eine Hilfsorganisation spenden. Künstler gestalten die Shiba-Inu-Avatare für jeden Mitstreiter: Mal als Navy-Hund, mal als ukrainischer Freak mit Sonnenblume im wallenden Haar, mal als Napoleon mit lodernder Fackel in der Hand, als Wikinger oder Bundeswehrsoldat, mal als Ranger oder ACDC-Fan. Schätzungsweise 80.000 Mitglieder hat die Digitaltruppe inzwischen, berühmteste Fella ist neben dem ukrainischen Verteidigungsminister Oleksij Resnikow aka Fellaznikow die estnische Premierministerin Kaja Kallas.

Demokratien, sagt sie, müssten sich verteidigen, Technologien müssten für demokratische Gesellschaften arbeiten, und nicht gegen sie. Die Nafo sei ein lebendiges Beispiel für diesen Kampf, sie bekämpfe russische Desinformation mit Humor, Intelligenz und Enthusiasmus.

Satire- und Spottguerilla

Die Nafo setzt tatsächlich auf gute Laune. Eine Satire- und Spottguerilla, die lustige Memes kreiert, die das Zeug haben, russischen Propaganda-Ernst zum Einsturz zu bringen. Denn die Nafo persifliert nicht nur russische Behauptungen und zieht Whataboutism ins Lächerliche, sie enttarnt auch mächtige Putin-Trolls. "Donbass-Devushka" in den USA beispielsweise. Sie hatte sich als Russin aus Luhansk ausgegeben und bei ihren 135.000 Followern viel Stimmung für Putin gemacht. In Wirklichkeit entpuppte sich Donbass-Devushka als 37-jährige Amerikanerin, die als Unteroffizierin in der US Marine gedient hatte. Hinter der pro-Putin-Desinformations-Schleuder "Trollstoy88" indes – die 88 steht für den 8. Buchstaben im Alphabet, also HH, und bedeutet "Heil Hitler" – steckte ein Deutscher aus der Nähe von Düsseldorf. Aufgeflogen ist auch er dank der beharrlichen Enttarnungsarbeit der Nafo. Ihr Credo: Nichts liegt außerhalb unserer Reichweite.

Gegründet von einem polnischen Game-Kritiker

Die Nafo ist eine lose, dezentralisierte Bewegung. Eine Anfrage für ein Interview blieb unbeantwortet. Gegründet wurde sie unter anderem von Kamil Dyszewski, einem polnischer Game-Kritiker. Dass er vor der russischen Invasion in der Ukraine mit antisemitischen Tweets auf sich aufmerksam gemacht hatte – inzwischen sind sie gelöscht – diskreditiert zwar nicht die ganze Bewegung, wie es Russland gerne auslegt, wirft aber doch einen hässlichen Schatten auf die Satire-Guerilla.

Als vermeintliche Geste der Wiedergutmachung spendete Kamil Dyszewski 50 Euro an das Museum "Ausschwitz-Birkenau" – eine Geste changierend zwischen Geringschätzung und Naivität. Für einige Empörung sorgten auch die Haifisch-Memes, die sich auf den Tod eines russischen Touristen in Ägypten beziehen, der von einem Hai gefressen worden war. Die Nafo hatte daraufhin den Hai zum "Angestellten des Monats" gekürt.

Viele Russen gaben sich empört. Doch die Nafo legte immer noch nach – aus der moralischen Position heraus, dass die Terror- und Bombenopfer des russischen Krieges keinen Sturm der Entrüstung auslösen. Spott statt Wahrheit ist die wirkmächtige Waffe der Nafo – es sei zwar langwierig und mühsam, Lügen zu widerlegen, aber Boshaftigkeit und Verhöhnung würden sofort einschlagen. Man wolle, sagt die Nafo, die Gefühle russischer Trolls verletzen.

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