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Das sagen Österreichs Künstler zum Rechtsruck im Land

Kanzler Sebastian Kurz von der ÖVP und der Rechtspopulist Heinz-Christian Strache von der FPÖ wollen die Alpenrepublik "neu regieren", wie sie in den letzten Wochen betont haben. Künstler und Intellektuelle protestieren. Von Günter Kaindlstorfer

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Während der neue Kanzler Sebastian Kurz im Leopoldinischen Trakt der Hofburg vereidigt wurde, demonstrierten im Wiener Stadtzentrum mehrere tausend Menschen gegen die neue Regierung. Einer der Demonstranten: der Schriftsteller Doron Rabinovici. "Die Entwicklung, die wir beobachten, ist eine Krise der liberalen Demokratie – in Österreich, aber nicht nur in Österreich, in Europa, aber nicht nur in Europa. Und wenn man nicht beunruhigt ist, wenn es eine solche Krise der liberalen Demokratie gibt, dann weiß ich nicht."

Ex-Gagschreiber von Jörg Haider hat das Kommando über den Staatsschutz

Was Rabinovici in besonderem Maße beunruhigt, ist die Machtfülle, die sich die rechte FPÖ in den Koalitionsverhandlungen sichern konnte. Ein steierischer FPÖ-Politiker namens Mario Kunasek – Autor der rechtsradikalen Zeitschrift "Aula" – wird in Zukunft als Verteidigungsminister Befehlsgewalt über das österreichische Bundesheer ausüben. Kunasek, gelernter KFZ-Mechaniker, hat keine Berührungsängste mit den "Identitären" und anderen rechtsextremen Gruppierungen. Sein Parteikollege Herbert Kickl wiederum wird das mächtige Innenministerium in Wien übernehmen. Damit hat der einstige Gagschreiber Jörg Haiders, in Österreich vom Nimbus eines rechtsradikalen Macchiavell umgeben, die Kommandogewalt über die gesamte Polizei und den Staatsschutz inne.

Das sind Personalentscheidungen, die Doron Rabinovici ein Frösteln über den Rücken jagt, wie er sagt. "Wenn wir Herbert Kickl als Innenminister haben und gleichzeitig auch das Verteidigungsministerium in der Hand eines rechtsextremen Politikers, dann muss man sich das so vorstellen, als wäre in Deutschland in allen Bundesländern und im Bund die AFD verantwortlich für den Verfassungsschutz, das Innenministerium und die Bundeswehr. Das ist in Wirklichkeit eine unglaubliche Konzentration in einer Hand, und zwar in der Hand von rechtsextremen Politikern."

"Ich denke nicht, dass der Österreicher prinzipiell ein Nazi ist"

Der Schriftsteller Franzobel, soeben mit dem Bayerischen Buchpreis ausgezeichnet, wird von ähnlichen Befürchtungen geplagt, auch wenn er die Situation nicht dramatisieren möchte, wie er sagt: "Ich denke nicht, dass der Österreicher prinzipiell ein Nazi ist". Man werde jetzt auch am Bahnhof oder am Flughafen nicht gleich von braunen Horden empfangen und überwältigt. Aber natürlich sei ein Rechtsruck geschehen in diesem Land: "Zwei sehr rechte Parteien sind in der Regierung, die eine letztlich neokonservative Politik verfolgen."

Weitere Demonstrationen geplant

Die Demonstrationen heute in Wien waren erst ein Anfang. Die Organisatoren haben für die nächsten Tage und Wochen weitere Kundgebungen angekündigt. Mitte Januar soll eine Großkundgebung auf dem Wiener Heldenplatz bis zu 100.00 Menschen gegen die neue Regierung mobilisieren.