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Der Komponist Beat Furrer

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Siemens-Musikpreis für Beat Furrer

"Nobelpreis der Musik" wird er auch genannt, der Ernst von Siemens- Musikpreis. Der diesjährige Preisträger ist Beat Furrer, seit Jahren einer der renommiertesten und meistgespielten zeitgenössischen Komponisten. Ein Porträt von Tobias Stosiek.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .


Zum Komponieren zieht sich Beat Furrer sich zurück, in ein einsames Forsthaus im sogenannten Gesäuse – an einen Ort, der ist, wonach er klingt: ein abgelegener Talwinkel in der Steiermark, umgeben nur von Wind, Wald und Fels.

„Ich brauch einfach immer wieder Zeiten, Monate, die nicht unterbrochen sind – um mich wirklich konzentrieren zu können.“ Komponist Beat Furrer

Ein weltferner Eremit ist Beat Furrer deshalb nicht. Für seine Rolle als Komponist hat der in Österreich lebende Schweizer eine Metapher gefunden, die – ganz im Gegenteil – eine große Weltzugewandtheit ausdrückt: das mythische Haus der Fama, Göttin des Gerüchts und des Hörensagens, das – wie Ovid in seinen Metamorphosen schreibt - aus „tönendem Erz“ gebaut und „tags wie nachts nach allen Seiten hin offen ist“. Eine Echokammer also, in der jedes Wort, jeder Laut dieser Welt seinen Widerhall findet.

Für mich ist das ein wunderbares Bild, das Komponieren auch als eine Art ``Famaohr´´ zu begreifen; dass ich als Komponist mit offenen Ohren durch diese Welt zu gehe und, was mir da begegnet, versuche zu entschlüsseln und so auch hörend versuche zu begreifen, was um mich herum passiert.“ Komponist Beat Furrer

Musik als Hörtheater

In Fama – seinem wohl bekanntesten Werk, ausgezeichnet mit dem Goldenen Löwen der Musikbiennale in Venedig – lässt Furrer dieses Bild Wirklichkeit werden. Das Stück wird erstmals 2005 in Donaueschingen aufgeführt. Gemeinsam mit einem Akustiker baut Furrer dafür einen Raum im Raum, der zugleich Konzertsaal, Bühnenbild und wichtigstes Instrument ist: eine hölzerne Box, durch deren Luken, Ritzen und Lamellen Töne, Geräusche und Stimmen von außen nach innen dringen. Den Saal in einen gewaltigen Resonanzkörper verwandeln, ein Hörtheater umherschwirrender Klänge.

Meine Idee, dass das Bühnenbild nicht nur repräsentiert, nicht nur darstellt, sondern dass es auch eine akustische Funktion erfüllt… werde ich sicher nicht aufgeben. Ich glaube überall dort, wo sich Verbindungen schaffen lassen, ziehen sich die Möglichkeit des Theaters an. Wenn ich die Akustik, den Raum und das Dargestellte – wenn ich das verbinden kann auf der Ebene, dann finde ich das genial.“ Komponist Beat Furrer

Auflösung in Klang

Auch wenn er viel und erfolgreich Instrumentalmusik geschrieben hat – im Zentrum des Schaffens von Beat Furrer steht das Musiktheater. Schon früh macht er sich als Leiter des von ihm gegründeten Klangforums Wien einen Namen -inzwischen ein weltweit renommiertes Ensemble für Neue Musik. Anfang der Neunziger feiert er seinen endgültigen Durchbruch als Komponist mit der Oper Die Blinden. Nach Texten von Platon, Hölderlin, Rimbaud und Maeterlinck. Furrer seziert seine Texte. Oder vertont sie – im eigentlichen Sinn des Wortes. Legt frei, was in ihnen klingt: in einzelnen Silben, Vokalen, Konsonanten. Treibt die Sprache an den Rand des Bedeutungsverlusts, bis an die Grenze ihrer Auflösung in reinen Klang.

Eine Oper im klassischen Sinn ist das natürlich nicht. Figuren gibt es nicht. Dramatik entsteht nicht durch Handlung, sondern durch Musik. Ein Hörtheater – so heißt es in der Werkbeschreibung zu Fama. Und vielleicht ist das der passende Begriff für das, wonach Furrer sucht: eine neue Verbindung von Bild und Sprache im Medium des Klangs. Denn darin liegt die zentrale Lektion, die Beat Furrer als Professor in Graz seinen Studenten weitergibt: nur keine bewährten Konzepte reproduzieren.

Da sind noch so viele Dinge möglich, so viele Zugänge im Verhältnis Text und bildnerischem Gestalten der Bühne… und Musik… dass man sich hier nicht in Konventionen flüchten kann.“ Komponist Beat Furrer