Silvester ist ja nicht an einen Kalendertag gebunden, wie alle Beschäftigten in der Gastronomie wissen: Sie feiern den Jahreswechsel, wann sie Zeit haben, und das ist garantiert nicht der 31. Dezember. Insofern geht es schon in Ordnung, dass im Münchener GOP-Varietétheater derzeit täglich der Count Down bis Mitternacht gezählt wird. In der aktuellen Show „Grand Hotel“ wird eine Silvesterfeier im alpinen Luxus-Resort gezeigt. Alle erwarteten Gäste bleiben allerdings im Schnee stecken, nur der muskulöse Fitnesstrainer kämpft sich mit seinem Hermelin-Pelzmantel durchs Unwetter und präsentiert unerschrocken seine Muckis. Ansonsten: Nur Absagen! Kein Problem, die Angestellten machen es sich auch so schön.
Luxus mit High-End-WC
Regisseur Ulrich Thon lässt seine Artisten tanzen und singen wie im Musical, das geht nur teilweise gut. Bewegen können sich die Jongleure, Trapezkünstler und Hula-Hoop-Reifen-Schwinger vorzüglich, mit dem Singen sind sie überfordert – aber das fällt wirklich nur am Anfang und Ende der Show auf. Standesgemäß lud das GOP die Journalisten vor der Premiere in das echte Grand Hotel Vier Jahreszeiten in der noblen Münchener Maximilianstraße, und zwar in die „Präsidentensuite“ für 12 000 Euro die Nacht. Dort beeindruckte vor allem das High-End-WC, das so viele Funktionen hatte, das dafür ein Hochschulstudium nötig schien. Teuer ist in dieser Gegend allerdings kein Maßstab, hier kosten Handtaschen ähnlich viel, und Pelzmäntel deutlich mehr. Der Abstecher in die Luxuswelt war somit durchaus augenzwinkernd gemeint, das reiche München verträgt ja Satire, und wer daraus eine Show macht, kann sich des Wohlwollens sicher sein.
Tennis-Schläger außer Kontrolle
Auf der Bühne im GOP war der Humor dann eher poetisch als böse. Herrlich, dass Staubwedel zur Revue-Kleidung taugen und zwei Wischmops als Show-Opener. Die ersten Gläser Rotwein wurden von Jongleur Sergey Maslennikov so spektakulär schwankend serviert, dass die ersten Zuschauerreihen sicher schon mit dem Gedanken beim Streusalz waren, um mögliche Flecken zu behandeln. Natürlich war das dann doch nicht nötig. Später versuchte Maslennikov, drei Tennis-Schläger sehr dynamisch unter Kontrolle zu bringen, wohlgemerkt ohne Ball. Nebenbei steppte er - in Schuhen und auf "Socken"! Die „Stereo Sisters“ sorgten für groovigen Sound und Pailletten-Glamour, Roman Khapersky und Anastasia Sopilniak für atemberaubende Akrobatik. Den Höhepunkt setzten die quirligen Köche (athletisch: die drei "Boytsovs"), wie ja so oft im Grand Hotel, allerdings in diesem Fall nicht mit ihren Rezepten, sondern mit Seilsprüngen, die kurz unter der Decke endeten.
Rasante Garderoben-Wechsel
Insgesamt ein beschwingter Abend im „Grand Hotel“, zwischen Concierge und Telefonzelle, zickigem Zimmermädchen (sehr biegsam: Caroline Schroeck) und eitlem, aber gutmütigem Prinzipal (mit französischer Noblesse: Gilles le Leuch). An der Maximilianstraße wird ja genau die passende Garderobe für teure Herbergen feilgeboten – da werden Damen der besseren Gesellschaft gern gesehen haben, wie schnell das Tanzpaar Oksana & Vadim die Klamotten wechselte, nämlich geradezu magisch rasant. Mit anderen Worten: Offenbar trägt sich Luxus auch fünffach übereinander ganz gut. Eben, Grand Hotel!
Täglich, bis 6. Mai 2018