Eigentlich hatte das Filmfestival mit "Challengers" von Luca Guadagnino ("Call Me by Your Name") einen Eröffnungsfilm angekündigt, der die Anziehungskraft der jungen Pop-Ikone Zendaya mit dem Hollywood-Erfolg des italienischen Regisseurs verbindet. Doch wegen des Streiks ist der Filmstart ins nächste Jahr geschoben worden. Die Premiere am Lido ist abgesagt. David Finchers Thriller "The Killer" wird zwar vorgestellt werden, allerdings muss er ohne Unterstützung des streikenden Stars Michael Fassbender auskommen.
- Zum Artikel: Hollywoodstreik führt zu Kurzarbeit in Filmstudios
Absagen für roten Teppich in Venedig
Auch Bradley Cooper wird seine Regiearbeit "Maestro" über Dirigent Leonard Bernstein nicht selbst vorstellen. Regisseure beteiligen sich zwar nicht am Streik, weil Cooper aber selbst die Hauptrolle spielt - Stichwort Nasenprothese - übernehmen die Präsentation am Lido die Produzenten Steven Spielberg und Martin Scorsese.
So ist das diesjährige Festival von großen Unsicherheiten geprägt. Zu den Stars, die anreisen, werden voraussichtlich Sofia Coppola, Adam Driver, Jessica Chastain oder Penélope Cruz zählen. Der deutsche Regisseur Timm Kröger, der mit "Eine Theorie von allem" im Wettbewerb vertreten ist, blickt seiner Anreise vorfreudig entgegen.
Ghostbusters, Dune, Gladiator 2 – Blockbuster in der Warteschleife
In Hollywood stauen sich unterdessen die Großprojekte. Fans des Science-Fiction-Films "Dune" werden sich wegen des Streik weiter gedulden müssen. Der für November angedachte Kinostart kann nicht gehalten werden, neuer Termin ist der 15. März. Auch für längst abgedrehte Filme wie "Dune" hat der Streik Folgen, da die Mitglieder der Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA während des Ausstands nicht vor Kameras treten und somit auch keine Werbung für die Produktionen machen.
Auch das noch nicht offiziell betitelte Ghostbusters-Sequel wandert von Dezember auf Ende März 2024. Die animierte Spiderman-Version "Beyond the Spider-Verse" wurde auf bis dato unbekannt verschoben. US-Branchendienste berichten, dass auch die Dreharbeiten zum neuesten Tarantino "The Movie Critic" wegen des Ausstands noch nicht begonnen haben. Mitten in den Dreharbeiten steckt derzeit das Sequel zum Sandalenfilm "Gladiator". Die Großproduktion mit Denzel Washington in einer Hauptrolle wurde nach Abschluss der Dreharbeiten in Marokko unterbrochen, die zweite Hälfte hätte nun auf Malta gedreht werden sollen, "Gladiator 2" soll im November 2024 in die Kinos kommen.
Filmprojekte auf Eis
Seit Mai kämpfen Drehbuchautoren in den USA, seit Juli auch Schauspielerinnen und Schauspieler, für fairere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung, aber auch um klare Regeln beim Einsatz künstlicher Intelligenz. Das macht sich bei großen Produktionen mit US-Beteiligung auch in Deutschland bemerkbar – und bedeutet Produktionsstillstand bei Streaming- und Filmprojekten.
Auch Serien-Fans müssen Geduld haben
Bei Sky und WOW müssen sich Fans von "The Last of Us", "Euphoria" und "The White Lotus" gerade weiter gedulden. Auch bei Netflix mussten viele Produktionen vorerst gestoppt werden. Werden Marketing-Wondergirl Emily und der knackige Koch mit Abitur endlich ihr Liebesglück finden? Wann es die Antwort auf diese Frage geben wird, ist derzeit offen. Die Dreharbeiten zu Staffel 4 der Netflix Erfolgsproduktion "Emily in Paris" hätten dem Branchendienst "What's on Netflix" zufolge eigentlich im Herbst beginnen sollen. Auch die vierte Staffel des Fanatsy-Erfolgs "The Witcher" wird sich verspäten. Ebenfalls gespannt warten Fans auf das Staffelfinale von "Stranger Things". Die Prognosen für einen Starttermin der Mystery-Serie reichen hier von Frühjahr oder Sommer 2024 bis ins Jahr 2025. In ganz unterschiedlichen Produktionsstadien betroffen von Verspätungen sind die Serien "Wednesday" und "Bridgerton". Noch wirkt sich der Streik und der damit verbundene Nachschubmangel bei Netflix nicht auf die Abonnentenzahl aus. Netflix gilt als Hauptgegner der streikenden Autorinnen und Schauspieler in den USA. Finanzinvestoren sehen Netflix aber weiterhin robust aufgestellt, vor allem auch wegen einer breiten Palette an nicht vom Streik betroffenen internationale Produktionen.
Kurzarbeit in Babelsberg
Es wirkt wie ein Hilferuf: Nachdem das Studio Babelsberg schon einmal in der Corona-Zeit Kurzarbeit eingeführt hatte, ist es nun ab 1. September wieder soweit. Der Grund diesmal: der Hollywood Streik.
Die schlechte Auftragslage im Berliner Studio Babelsberg ist jetzt dafür verantwortlich, dass laut Betriebsrat 40 von 100 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von der Kurzarbeit betroffen sind. Der Streik in den USA trifft das Studio Babelsberg zusätzlich in einer Zeit der Umstrukturierung: Die historische Filmproduktionsstätte gab ihre Leitung im März in die Hände der Cinespace Studios, die zu dem US-Immobilieninvestor TPG gehören. Der Bundesverband Schauspiel forderte jetzt ein klares Bekenntnis der neuen Investoren und Eigentümer zum Produktionsstandort Babelsberg.
Chance für Bayern?
Den Standort Bayern hat der Hollywood-Streik noch nicht erreicht. So teilt der Sprecher der Bavaria Film in München, Sebastian Feuß, mit: "Unmittelbar entstehen bei den Bavaria Studios derzeit keine Nachteile, da in der Planung keine US-Produktionen enthalten sind. Sollte der Streik noch länger andauern, könnte sich mittelbar sogar ein positiver Effekt ergeben, wenn die verschiedenen Anbieter (Kino/TV/Streaming) sich entscheiden sollten, den fehlenden Programmnachschub aus den USA mit lokalen Produktionen auszugleichen."
Mit Material von dpa und epd
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