Zerbrochene Fensterscheiben, bröckelnder Putz: Es nagt der Zahn der Zeit am Bahnhofsplatz 32 in Straubing - jahrelang stand das ehemalige Lagerhaus leer, jetzt kommt Licht in den Schuppen: Anlässlich des Festivals "Utopia" zieht hier die Kunst ein, organisiert von der Gemeinschaft Bildender Künstler (GBK), die es seit 75 Jahren in Straubing gibt.
"Das sind zwar alte, aufgelassene, teilweise verkommene Räumlichkeiten gewesen, die wir natürlich ein bisschen aufgemotzt haben. Aber das ist ein Glücksfall und es macht selbstverständlich Arbeit, sie ausstellungstauglich zu machen - aber es zahlt sich wunderbar aus." Erich Gruber, Vorsitzender der Gemeinschaft Bildender Künstler in Straubing.
Müll, Pilze, Zukunft: Kreative Kunst
Kreativ und kritisch wird hier das Thema des Festivals "Neuer Mensch" umgesetzt: Pappschachteln, eigentlich Verpackungsmüll, werden zu einem jemenitischen Dorf. Pilze werden zu Papier - Künstlerin Tanja Major verbindet damit ihren Wunsch für die Zukunft, dass man keine Bäume mehr fällt und Pilze auf Holzschnitzeln züchtet und daraus Papier herstellt.
- Zum Artikel: Frei und kreativ, aber brotlos?
Aber auch in Kirchen und anderen, teils "lost places" in ganz Straubing kann man auf Kunst im Rahmen des "Utopia"-Festivals stoßen. Noch bis 3. Oktober können sich Besucher immer am Wochenende auf einen Kunstspaziergang durch die Stadt begeben.
Vorträge von Nassehi, Konrad oder Lesch
Das "Utopia"-Festival möchte eine Brücke bauen zwischen Gestern und Morgen, zwischen Kunst und Wissenschaft. Bis Ende September machen sich deswegen auch namhafte Wissenschaftler Gedanken zur Zukunft: zum Beispiel der renommierte Soziologe Armin Nassehi mit seinem Vortrag am 19. September zur "Gesellschaft im Wandel". Er behauptet: Die gesellschaftliche Moderne war schon immer digital.
"Bleiben wir schlauer als die Roboter?"
Boris Nikolai Konrad, Weltmeister im Gedächtnissport wird provokativ in seinem Vortrag am 20. September fragen: "Bleiben wir schlauer als die Roboter?"
Unter dem Motto "Kunst, Wissenschaft, Gesellschaft – ein Trialog?" will der Physiker und Autor Harald Lesch am 21. September mit dem Publikum in den Dialog treten und der Frage nachgehen: Sind wir überhaupt lernfähig oder bleibt der "neue Mensch" bis in alle Ewigkeit doch der alte?
Die Vorträge wie Künste rund um "Utopia" sind überraschend, teils auch fordernd – bieten aber die Möglichkeit, sich mit den Chancen und Risiken des jahrhundertealten Traums vom "Neuen Menschen" auseinanderzusetzen.
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