Im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk fordert Reinhard Ploss, der Vorstandsvorsitzende des Chipkonzerns Infineon ein Ende des arglosen Umgangs mit Daten. Er fordert eine messbare Wertigkeit für sie. Für Ploss wäre sogar eine Abgabe auf den Austausch solcher Informationen denkbar.
Vor allem US-Konzerne verdienen
Wie viel sind Informationen über die politische Einstellung eines Twitter-Nutzers wert? Oder die Shopping-Vorlieben eines Facebook-Mitgliedes? Bisher verdienen an solchen Daten deutscher Bürger vor allem US-Konzerne - und es ist zumeist völlig unklar, ob und an wen sie diese Informationen weitergeben. Reinhard Ploss sieht hier eine zunehmende Gefahr.
Der Vorstandsvorsitzende des Münchener Halbleiterkonzerns Infineon fordert deshalb auch die Politik auf, diesen Daten einen festgelegten, messbaren Wert zu geben. Das wäre ein erster Schritt, um das Ungleichgewicht zu verringern zwischen klassischen Industrieländern wie Deutschland, aus denen Daten abfließen, und IT-Mächten wie den USA, die Informationen sammeln. Das könnte bis hin zu Abgaben auf den Informationsfluss führen.
"Es ist zu erreichen, dass Daten die Wertigkeit bekommen, die sie auch haben. Jeder redet über Daten als das Öl oder das Gold der nächsten Jahre. Und dennoch ordnen wir dem keinen Wert zu. Und sie fließen frei. Zunächst einmal ist das ja auch nicht falsch, doch muss es irgendwann in der Beziehung zu den anderen Gütern stehen, die gehandelt werden. Und wenn Werte erzeugt werden, dann sollte dies auch für die Datenwelt berücksichtigt werden." Reinhard Ploss
Abgabe auf Daten könnte auch US-Handelsdefizit verringern
Gerade in Zeiten ausufernder Handelsstreitigkeiten könnte dies auch ein Faustpfand sein. In der Auseinandersetzung zwischen den USA und Europa geht es vor allem um Autos oder Stahl. Würde man den Wert der von Facebook, Google und Co. in die USA geholten Daten mit einberechnen, dann würde auch das Handelsdefizit der Vereinigten Staaten deutlich schrumpfen. Außerdem glaubt Ploss, dass eine Maßeinheit für den Wert von Daten Europa auch dazu motivieren könnte, mehr für die heimische IT-Industrie zu tun.
"Mir geht es primär darum, dass sich Deutschland, dass sich Europa Gedanken machen über die Wertigkeit der Daten, sowohl der Bürger als auch der Industrie - und wie man das darstellt. Auch darüber, wie man das zu mehr Wertigkeit in unseren eigenen Ländern nutzen kann. Und diejenigen, die solche Daten nutzen, dazu auch beitragen und einen Nutzwert darstellen." Reinhard Ploss
US-Wettbewerbsvorteil ausbremsen
Ploss geht es auch darum, den möglichen Wettbewerbsvorteil auszubremsen, den sich die IT-Industrie in den USA verschafft, indem sie bei Innovationen sehr viel sorgloser forscht und entwickelt als europäische Konkurrenten. So erkaufe sich etwa die US-Industrie beim autonomen Fahren einen zeitlichen Vorsprung, indem sie das Risiko eingeht, nicht ausgereifte Technologien auf die reale Straße zu bringen. Das hat bereits zu Todesopfern geführt. Die deutsche Industrie ticke da anders.
"Beim autonomen Fahren glaube ich, dass die Stärke Deutschlands, das 'German Engineering' - wie wir es nennen -, ein großer und wichtiger Punkt ist, der auch wertig ist. Wir werden nicht auf der Straße lernen. Wir lernen bei der Entwicklung des Produkts: Es so zu entwickeln, dass es zu 100 Prozent funktioniert. Und natürlich wird die Zukunft Computer haben, die gelernt haben, wie man fährt. Aber das muss auch abgesichert werden. Und ich glaube, das haben die Automobilkonzerne Deutschlands verstanden." Reinhard Ploss
Für Infineon sind Technologien für das autonome Auto und das elektrische Fahren enorme Wachstumstreiber. Chips des Münchener Konzerns stecken weltweit fast in jedem Auto, unter anderem auch in den Elektromobilen von Tesla, vor allem aber in den Fahrzeugen von chinesischen Herstellern. Diese haben, was die verkauften Mengen angeht, inzwischen einen kaum aufholbaren Vorsprung vor den deutschen Autobauern.