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Ein Tablet - im Hintergrund München mit der Frauenkirche

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München Digitalhauptstadt Europas

Wenn es um neue Digital-Trends und deren wirtschaftliche Umsetzung geht, gilt München als Nummer 1 in Europa. Tatsächlich gibt es dafür viele gute Argumente. Von Christian Sachsinger

München ist jene Stadt, die Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnik die besten Standortvoraussetzungen bietet. Das belegte im Jahr 2014 eine Studie der EU-Kommission. Als Kriterien wurden Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten genauso herangezogen, wie die Fähigkeit, das Wissen marktreif zu machen. Das Zusammenspiel dieser Faktoren kennt man vor allem aus dem amerikanischen Silicon Valley.

Den Thron verteidigen

Obwohl die EU-Studie nun schon rund drei Jahre alt ist, soll sich an der Spitzenposition nichts ändern. Die bayerische Landeshauptstadt bleibe die Nummer 1, wurde erst kürzlich auf einer Veranstaltung an der TU München wieder verkündet. 

"Wir verfügen über gute Voraussetzungen, München als IT-Standort in Europa aufrecht zu erhalten." TUM-Präsident Wolfgang Herrmann

Die Fakten sprechen für sich. So können die Münchner Unis einen der schnellsten Wissenschaftsrechner der Welt vorweisen. Im Rechenzentrum in Garching arbeitet der SuperMUC mit über sechs Petaflop, also sechs Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde. Dadurch kann in München zum Beispiel erforscht werden, was in den ersten Sekunden nach dem Urknall geschah. 

Reihenweise Digital-Professoren

An der TUM sind in den letzten Jahren 25 Professuren im Umfeld der Digitalisierung neu besetzt worden, laut Herrmann sollen weitere dazu kommen. Der Präsident sieht die TUM dabei auch als unternehmerische Universität. Ausgründungen von Unternehmen aus wissenschaftlichen Projekten, sind demnach gewünscht und werden gefördert.

Neues Cyber-Cluster in Neubiberg

Auch an der Universität der Bundeswehr in München wird IT—mäßig aufgerüstet. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen wies auf dem Münchner Digitial-Forum auf das Cyber-Defense-Zentrum hin. Es ist die größte Forschungseinrichtung für Datensicherheit der Bundeswehr und des Bundes. Das neue Zentrum an der Bundeswehrhochschule wurde mit 70 Millionen Euro ausgestattet und bekommt vom Bund jährlich weitere 12 Millionen. Damit werden unter anderem 13 Professuren finanziert.

Parallel dazu wächst auf dem Gelände der Münchner Bundeswehrhochschule die Sicherheitsbehörde ZITiS (Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich). Hier sollen u.a. zur Bekämpfung von Cyberspionage in den kommenden Jahren bis zu 400 neue Arbeitsplätze entstehen. ZITiS wird auch Werkzeuge entwickeln, mit denen Whatsapp-Kommunikation oder Skype-Gespräche entschlüsselt, abgehört und überwacht werden können.

IT-Welt-Konzerne sind präsent

Neben den verschiedenen Forschungsaktivitäten spricht auch die Präsenz der vielen Großunternehmen für München als IT-Hauptstadt. Während in Berlin eine lebendige Start-Up-Szene entstanden ist, haben in der bayerischen Landeshauptstadt Microsoft, Google, Amazon, IBM oder Alibaba ihre Niederlassungen mit mehreren tausend Mitarbeitern. Microsoft hat sich bei seinem kürzlichen Umzug von Unterschleißheim bewusst für München entschieden. Man schätzt hier die Nähe zu den renommierten Unis, aber auch zu anderen Großkonzernen wie Siemens, BMW, Allianz und Münchner Rück.

Versicherungen als Triebfedern

Gerade die Versicherer sind derzeit sehr aktiv in der Digitalisierung. Datenanalysten helfen, Risiken besser zu kalkulieren oder gleich auszuschließen. Deshalb versuchen z.B. Krankenversicherer den Versicherten Wearables schmackhaft zu machen, also Armbänder oder intelligente Uhren, die Puls, Blutdruck und andere Gesundheitsdaten erfassen. Wer die Daten freigibt, gewährt dem Versicherer Einblicke in seinen Lebenswandel und sein Krankheitsrisiko. Ein enormer Vorteil für die Assekuranzen. Ähnliches soll bei Autofahrern passieren. In München, als Standort der großen Versicherungs- und Autokonzerne, werden diese Entwicklungen entscheidend vorangebracht.

Der Digital-Antreiber

Dass die Bedeutung von München und Bayern als High-Tech-Region nicht abnimmt, dafür möchte auch das Zentrum Digitalisierung in Garching sorgen. Gründer und Geschäftsführer Manfred Broy trägt das Thema immer wieder in die bayerischen Ministerien und treibt es dort voran.

So ist ein Kabinettsbeschluss entstanden, der Künstliche Intelligenz in Bayern zum zentralen Thema erklärt, auf Bundeseben fehlt ein entsprechender Plan bisher. 25 Mitarbeitern stehen Broy in seinem Staatsbetrieb zur Verfügung, um Digitalisierung überall im Freistaat zu forcieren. Und so werden in den kommenden Jahren drei Milliarden Euro an Staatsgeldern fließen, um Bayern und auch München auf digitales Weltniveau zu heben … oder dort zu halten.