Burton Lee kennt sich aus in Europa. Er hat lange für die irische Regierung als Berater gearbeitet. Er war in Stuttgart für Daimler tätig und in Wien für das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen. Außerdem kennt man ihn an einigen deutschen Fakultäten als Gastprofessor, so an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Wenn der Stanford-Professor auf die Defizite in Europa und Deutschland hinweist, darf man also davon ausgehen, dass er weiß wovon er spricht. Lee glaubt, dass Europa noch nicht die richtigen Lehren aus dem Silicon Valley gezogen hat.
It´s the software – stupid!
Deutschland ist zwar im Digitalisierungsfieber. Doch Lee zufolge zeigt bereits dieser Begriff in die falsche Richtung. Seiner Ansicht geht es nicht nur darum, Fabriken und Unternehmen umzubauen und auf digital zu trimmen. Für mindestens genauso wichtig hält es der Stanford-Professor, dass deutsche Firmen eigene Software und Datendienste entwickeln. In Berlin sehe man bereits ansatzweise, wie Software eine Region voranbringen kann. Insgesamt habe Deutschland aber noch nicht wirklich verstanden, wie wichtig dieser Sektor für die Wirtschaft und Wachstum sei.
Die nächsten „Big Things“
Es gibt zahlreiche neue technologische Trends, viele davon stammen aus dem Silicon Valley. Große Fortschritte darf man sich laut Lee in der Batterie-Technologie erwarten. Tesla sei hier sehr weit vorne. Der US-Elektroautobauer hat in diesem Jahr seine Giga-Fabrik im Bundesstaat Nevada in Betrieb genommen. Aber auch hierzulande sieht Lee Möglichkeiten in diesem Geschäftsfeld mitzumischen. So denkt zum Beispiel der Zulieferer Bosch über einen Einstieg in die Produktion von Batteriezellen für Elektroautos nach.
Mit dem Gehirn steuern
Ein zentrales Forschungsfeld sieht der Stanford-Mann ferner in der künstlichen Intelligenz und hier insbesondere im Spezialgebiet BCI (Brain Computing Interface); das steht für die Möglichkeit Computer und Geräte allein mit Hilfe von Gedanken zu steuern. Momentan befinde man sich hier noch in der Phase der Grundlagenforschung. Lee glaubt aber, dass es schon in ein paar Jahren erste marktreife Produkte geben kann. Ebenfalls zum Gebiet der KI kann man persönliche digitale Assistenten wie Apples Siri, Googles Assistant oder Amazons Alexa zählen. Solche Bots werden die Nutzer wohl bald den ganzen Tag über begleiten und ihnen viele Aufgaben abnehmen.
Wo sind die Kontinentaleuropäer?
In den USA arbeiten derzeit unter anderem Microsoft, Amazon und Apple mit Hochdruck an solchen Assistenten. Dabei wird viel Geld in die Forschung investiert. So hat Lee zufolge IBM gerade eben angekündigt, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston für 240 Millionen Dollar ein KI-Labor einzurichten. Burton Lee:
"Ich mache mir große Sorgen, weil Europa ähnliche Projekte überhaupt nicht hat. Die Amerikaner scheinen auch hier schon wieder vorne dran zu sein. Auch die Chinesen investieren riesige Summen in diesem Bereich. Die Engländer sind hier auch ganz gut, aber wo ist Kontinentaleuropa?" Burton Lee, Professor der Universität Standford und Politikberater in Europa
Lee wünscht sich eine deutsche oder noch besser europäische Strategie für KI. Politik und Wirtschaft müssten sich zusammentun und eine Roadmap für die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz aufstellen.