Nach wochenlangem Gezerre um seinen Posten hat der spanische Fußball-Verbandspräsident Luis Rubiales seinen Rücktritt wegen des Kuss-Skandals angekündigt. In einem am Sonntagabend von spanischen Medien veröffentlichten Brief teilte der 46-Jährige mit, dass er den Verband über seinen Rücktritt informiert habe. Auch gebe er seinen Posten als Vizepräsident des europäischen Fußballverbandes Uefa ab.
In einem Interview mit dem britischen Fernsehjournalisten Piers Morgan hatte Rubiales zuvor am Sonntag zu den vielfach geäußerten Rücktrittsforderungen gesagt: "Ja, ich werde es machen, ja, weil ich meine Arbeit nicht fortsetzen kann." Er wolle nicht, "dass der spanische Fußball von dieser ganzen unverhältnismäßigen Kampagne beschädigt werden kann", erklärte Rubiales und ergänzte: "Ich vertraue auf die Wahrheit und werde alles dafür tun, dass sie sich durchsetzt", erklärte er und prangerte erneut eine "maßlose Kampagne" an, die "Lügen" über ihn verbreite.
Einen kurzen Ausschnitt des Interviews veröffentlichte Morgan am Sonntagabend beim Portal X (vormals Twitter). Auf X wurde auch eine Erklärung ähnlichen Inhalts veröffentlicht, die spanische Medien Rubiales zuschrieben.
Die Reaktionen kamen prompt. "Ein weiterer Beweis, dass er in einer irrealen Welt lebt. Unglaublich", schrieb die spanische Zeitschrift "Sport". Die geschäftsführende Vize-Regierungschefin Yolanda Díaz sprach von einem Erfolg des Feminismus. Das feministische Land schreite immer schneller voran. "Wir sind bei Dir, Jenni, alle Frauen", schrieb sie auf X.
Rubiales küsste Spielerin Hermoso gegen deren Willen
Rubiales hatte nach dem WM-Sieg der spanischen Frauen-Nationalmannschaft am 20. August in Sydney den Kopf der Spielerin Jennifer Hermoso mit beiden Händen festgehalten und sie auf den Mund geküsst. Dies geschah nach Angaben Hermosos gegen ihren Willen. Der Kuss sowie eine wütende Rede, bei der er die Regierung und die Medien angriff und einem "falschen Feminismus" vorwarf, ihn "öffentlich hinrichten" zu wollen, zogen zahlreiche Forderungen aus der Politik, dem Sport und den Medien nach seinem Rücktritt nach sich. Medien schrieben von einem spanischen "MeToo"-Moment.
Das Verhalten des Verbandschefs löste zudem eine schwere Krise im spanischen Fußball aus. Der Weltfußballverband Fifa suspendierte Rubiales für 90 Tage von seinen Ämtern auf nationaler und internationaler Ebene und leitete ein Disziplinarverfahren ein. Hermoso und ihre Kolleginnen waren als Reaktion auf den Kuss-Skandal in den Streik getreten. Vor einigen Tagen stellte sich dann auch das spanische Männer-Nationalteam gegen Rubiales. In einer Erklärung bezeichnete es dessen Verhalten als "inakzeptabel". Rubiales Familie stellte sich öffentlich hinter den Verbandschef, seine Mutter trat gar in den Hungerstreik, um gegen den Umgang mit ihrem Sohn zu protestieren.
Hermoso erstattet Anzeige gegen Rubiales
Doch Rubiales klammerte sich an seinen Posten. Der Kuss sei in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt, beteuerte er. Hermoso dementierte das wiederholt und erklärte, sie habe sich "als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe". In der Zwischenzeit hat sich Rubiales für sein Fehlverhalten entschuldigt, nannte die Aufregung um den Kuss dabei aber "idiotisch".
Die 33-jährige Hermoso erstattete indes Anzeige gegen Rubiales. Diese ermöglichte wiederum den Strafantrag der Staatsanwaltschaft wegen sexueller Belästigung und Nötigung. Nun muss ein Untersuchungsrichter an der "Audiencia Nacional" in Madrid entscheiden, ob dem Strafantrag stattgegeben wird und Ermittlungen eingeleitet werden, die zu einem Prozess führen können. Nach Schätzungen von Experten könnte der frühere Profi Rubiales zu einer Haftstrafe zwischen einem und vier Jahren verurteilt werden, wenn er tatsächlich auf die Anklagebank kommen und im Prozess schuldig gesprochen werden sollte.
Mit Informationen von AFP und dpa
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