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20 Jahre "IGeL-Leistungen": Etabliert, aber umstritten

20 Jahre "IGeL-Leistungen": Etabliert, aber umstritten

Vor 20 Jahren hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) den Begriff "Individuelle Gesundheitsleistungen" geprägt – für Angebote, die die gesetzlichen Kassen nicht zahlen und deren Nutzen medizinisch umstritten ist.

Über dieses Thema berichtet: Wirtschaft kompakt am .

Die in Arztpraxen angebotenen Selbstzahlerleistungen bringen in vielen Fällen mehr Schaden als Nutzen, so der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) heute auf einer Pressekonferenz in Berlin.

 "Die IGel-Angebote orientieren sich nicht am nachgewiesenen medizinischen Nutzen, sondern an den Vorlieben einzelner Arztgruppen und an den Umsatzinteressen der Praxen", kritisierte MDS-Geschäftsführer Peter Pick. Zum Teil würden Patienten auch unter Druck gesetzt, solche Leistungen zu erwerben. "Das ist nicht hinnehmbar", so der MDS- Chef.

Auf der Liste der individuellen Gesundheitsleistungen (IGel) stehen Angebote, die der "IGel-Monitor" der Krankenkassen als negativ oder tendenziell negativ bewertet, so der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDS) weiter. Sie widersprächen sogar Empfehlungen medizinischer Fachverbände.

Augeninnendruckmessungen zweifelhaft

 Die von Ärzten am häufigsten verkauften Leistungen waren laut einer Umfrage für den Medizinischen Dienst Messungen des Augeninnendrucks zur Früherkennung des Grünen Stars. Eine solche alleinige Messung ohne eine Augenspiegelung werde vom Berufsverband aber als „Kunstfehler“ eingestuft, erläuterte der Medizinische Dienst.

Die Augeninnendruckmessung wurde nach einer Umfrage unter mehr als 2000 Versicherten jedem Fünften (22 Prozent) angeboten, gefolgt vom Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung bei Frauen (19 Prozent). Weitere Angebote sind der Ultraschall der Brust zur Krebsfrüherkennung (zwölf Prozent) und der PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs bei Männern (sieben Prozent). Alle diese genannten Untersuchungen stuft der von der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierte "Igel-Monitor" als negativ, tendenziell negativ oder bestenfalls unklar ein.

Umsatz mehr als 1 Milliarde Euro

Es ist ein Markt mit einem beträchtlichen Volumen, den sich viele Ärzte mit den individuellen Gesundheitsleistungen erschlossen haben. Auf deutlich über eine Milliarde Euro pro Jahr wird der Umsatz geschätzt. Der Medizinische Dienst der gesetzlichen Krankenversicherung sucht regelmäßig weltweit in Studien nach Daten über den Nutzen und möglichen Schaden von IGeL-Leistungen. Das Ergebnis lautet in den allermeisten Fällen, dass ein Nutzen nicht belegbar oder zweifelhaft ist. Viele Ärzteverbände hingegen halten etliche IGeL-Leistungen für notwendig, um den neuesten Stand der Medizin anbieten zu können. Den Vorwurf, dass es nur darum gehe, Umsatz zu machen, weist etwa der Berufsverband der Augenärzte zurück. Die Spitzenverbände der Ärzteschaft schlagen in der Diskussion eher leise Töne an. Sie stellen zwar selbst fest, dass es IGeL-Leistungen gibt, die mehr schaden als nutzen. Vor allem aber empfehlen Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung, Patienten dürften nicht dazu gedrängt werden, etwas aus der eigenen Tasche zu zahlen.