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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron

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Bremst Deutschland Macrons EU-Reformpläne?

In diesen Minuten spricht der französische Präsident Emmanuel Macron vor Studenten über seine Zukunftsvision für Europa. Schon lange will er die Zusammenarbeit in der Eurozone stärken. Doch dazu braucht er Deutschland. Von Peter Althammer

Macrons Pläne, die er grob schon kurz nach seiner Wahl geäußert hat, werden den Geldbeutel des deutschen Steuerzahlers im Blick haben. Denn angedacht ist für die Eurozone – also für den Raum, in dem mit Euro bezahlt wird - künftig ein eigener Finanzminister mit einem eigenen Budget, kontrolliert von Abgeordneten eines noch zu gründenden Parlaments.

Außerdem brachte er einen Währungsfond der Euro-Länder ins Spiel, mit dem man sich künftig besser gegen Finanzkrisen schützen will. Das alles muss finanziert werden – sei es durch Einlagen oder durch Bürgschaften. Es geht um Milliardensummen.

Das politische Berlin steuert auf ein kurioses Interregnum zu

Macrons großer Reformplan, der im Kern auf gemeinsames Schuldenmachen der Euro-Länder hinausläuft, wird die europäische Agenda der kommenden Monate wohl maßgeblich bestimmen. In diesem Zeitraum wird die Bundesregierung aber merkwürdig gelähmt sein.

Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen werden zweifellos kompliziert und langwierig. Die neue Bundesregierung wird vermutlich frühestens kurz vor Weihnachten vereidigt. Eine politische Hängepartie von Oktober bis Dezember liegt in der Luft. Doch unsere Nachbarn erwarten in den kommenden Wochen aus Berlin Klarheit über die deutsche Haltung zu wichtigen europäischen Projekten. Das derzeitige Kabinett Merkel – einschließlich seiner SPD-Minister – wird zwar geschäftsführend bis zur Vereidigung einer neuen Regierung im Amt bleiben.

Wer soll verhandeln?

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat am Sonntag erklärt, die Große Koalition sei beendet und die SPD in der Opposition – aber er hat nicht davon gesprochen, dass die Kabinettsmitglieder der SPD die Regierung verlassen werden. Nur die derzeitige Arbeits- und Sozialministerin, SPD-Frau Andrea Nahles, setzte er als neue Fraktionsvorsitzende. Nahles führt also in den kommenden Wochen die Opposition gegen eine Regierung an, in der noch eine ganze Reihe SPD-Minister sitzen werden. Und die mit ihren europäischen Partnern Macrons Reformvorschläge beraten sollen. Das kann man kurios finden.

Eine handlungsfähige Bundesregierung aber, die sich zügig, kritisch und konstruktiv mit den tiefgreifenden europapolitischen Vorschlägen aus Paris befasst, kann man sich unter diesen ungewöhnlichen Umständen nur schwer vorstellen.