Für rund 70 Millionen Versicherte haben die gesetzlichen Krankenkassen elektronische Patientenakten eingerichtet. Die Nutzung im Alltag der Praxen wird seit Mitte Januar in Franken, Hamburg und Teilen von Nordrhein-Westfalen erprobt. Auf die Tests soll nach der aktuellen Planung der bundesweite Roll-out der sogenannten "ePA für alle" ab April erfolgen. Doch die Kassenärztlichen Vereinigungen der Bundesländer, in denen die "ePA für alle" getestet wird, schlagen Alarm. Die bisherigen Ergebnisse der Testläufe seien noch "noch völlig unzureichend", warnen die KVen.
Elektronische Patientenakte: "Daten nicht sicher"
Die Kassenärzte-Verbände fordern deshalb vom Bundesgesundheitsministerium, es solle das flächendeckende Ausrollen der Patientenakte noch einmal deutlich nach hinten schieben. Sonst seien die Sicherheit der Patientenakten und auch die Akzeptanz in der Bevölkerung massiv gefährdet, warnen die Vorstände der KVen in Bayern, Hamburg und Nordrhein-Westfalen.
Bayerische Hausärzte warnen vor ePA-Katastrophe
Schon Anfang der Woche hatte der Bayerische Hausärzteverband im BR beklagt, dass die Tests nicht so verlaufen, wie erhofft. Der Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Wolfgang Ritter, warnte vor einer "Katastrophe", wenn es keine weitere Verschiebung gebe.
Die Warnungen der Kassenärztlichen Vereinigungen haben aber eine besondere Qualität. Denn sie haben als Körperschaften des öffentlichen Rechts die Aufgabe, Vorgaben der Bundesregierung umzusetzen. Jetzt aber warnen sie eindringlich vor den Folgen, die die aktuellen Pläne aus Berlin ihrer Ansicht nach haben.
Ministerium hält an ePA-Zeitplan fest
Das Bundesgesundheitsministerium hält die Warnungen allerdings für unbegründet. Die Tests seien dazu da, Probleme zu erkennen und zu lösen, erklärt ein Ministeriumssprecher auf BR-Anfrage: "Kritik in der Pilotphase eines Digitalprojekts dieser Größenordnung ist normal und sogar erwünscht." Der bundesweite Roll-Out werde wie angekündigt voraussichtlich Anfang April erfolgen, betont das Ministerium. Es würden derzeit im Rahmen der Tests technische Anpassungen und Sicherheits-Updates vorgenommen.
ePA-Befürworter hoffen auf bessere Medizin
Die Pläne, eine elektronische Patientenakte einzuführen, reichen rund 16 Jahre zurück. Die Einführung hat sich allerdings durch technische und organisatorische Probleme immer weiter nach hinten verschoben. Befürworter der ePA sehen in ihr große Chancen für eine bessere Behandlung der Patientinnen und Patienten. Es könnten beispielsweise viele gefährliche Wechselwirkungen unter Medikamenten vermieden werden, die nicht selten sogar tödlich verlaufen, so die Hoffnung. Außerdem soll die ePA die Behandlung effizienter und kostengünstiger machen.
Auch der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns betont, er sehe "durchaus Potenzial darin, dass eine datensichere und datenschutzkonforme elektronische Patientenakte mittel- bis langfristig einen Mehrwert in der Versorgung der Patienten leisten kann". Grundvoraussetzung dafür sei allerdings "eine ausgereifte, fehlerfreie und hochsichere Akte".
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