Der Schein trügt – heißt es vom IAB, dem Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit. Natürlich hat man auch dort die jüngsten Meldungen aus der Wirtschaft gelesen: 3.500 Stellen weniger beim Chemiekonzern Bayer, bei Infineon sollen allein am Standort Regensburg hunderte Jobs wegfallen. 400 Stellen will der Autobauer Tesla in Deutschland abbauen.
Arbeitsmarkt in der Krise und Transformation
Der Arbeitsmarkt ist in der Krise angekommen und in der Transformation. Aber die große Entlassungswelle sei nicht in Sicht. IAB Forscher Enzo Weber verweist auf die Statistik. Zwar melden sich inzwischen mehr Beschäftigte arbeitslos, das sei aber im Vergleich weniger als zur Zeit vor Corona.
Ähnlich sieht das Klaus Wohlrabe vom ifo Institut in München. Oft machen gerade größere Unternehmen mit Personalabbau von sich reden. Das träfe dann aber meist einen bestimmten Bereich in der Firma, während in anderen Bereichen Kräfte gesucht werden. Einfach die Beschäftigten zu versetzen, sei zu einfach gedacht.
Angebot und Nachfrage passen nicht
In Umfragen beklagt immer noch ein Drittel der Firmen einen Fachkräftemangel. Dass gerade fast drei Millionen Menschen arbeitslos gemeldet sind, hilft den meisten Personalabteilungen nicht weiter. Oft passen die Anforderungen in einem Stellenangebot nicht mit den Fähigkeiten der Arbeitssuchenden zusammen.
Für das Bäcker- oder Metzgerhandwerk ist das nicht neu. Seit Jahren schon suchen diese Branchen händeringend Nachwuchs. Doch das Interesse ist einfach zu gering. Und eine Klinik, die eine qualifizierte Pflegekraft braucht, kann nicht einfach eine Pflegehilfe einstellen.
Ähnliche Probleme zeigen sich auch auf dem Arbeitsmarkt bei Akademikern. Für gut 280.000 Arbeitslose mit Berufs- und Studienabschluss gibt es laut einer Studie im Auftrag des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) keine offene Stelle im gewünschten Zielberuf. Sprich: Betriebe und Bewerber müssen sich aufeinander zu bewegen.
Nicht umschulen, sondern weiterbilden
Auf dem Arbeitsmarkt gibt es keinen Einbruch, sondern einen Umbruch. Das betont IAB-Forscher Enzo Weber mit Blick auf die Studien des Nürnberger Institutes. Da fällt dann das Wort "Transformation", also der Umbau hin zu einer digitalen und klimaneutralen Wirtschaft. Wenn zum Beispiel in der Produktion von Öl, Gas oder Kohle auf erneuerbare Energie umgestellt wird, dann fordert das von den Beschäftigten ein anderes Fachwissen ab. Das Gleiche gilt, wenn künftig die IT die Arbeitsprozesse bestimmt. Die Betroffenen müssten dann nicht durch neue Kräfte ersetzt oder umgeschult werden, so Arbeitsmarktforscher Weber. Dann reiche eine Weiterbildung. Die erlernten Grundfähigkeiten seien ja weiterhin gefragt.
Personal halten ist teuer
Eines ist in der momentanen Konjunkturkrise neu: Der Arbeitsmarkt hat sich gewandelt von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt. Die Generation der Babyboomer, also der ab 1960 Geborenen, hat nicht mehr so viele Kinder in die Welt gesetzt und geht nach und nach in Rente. Deshalb fehlt es in Deutschland an potenziellen Kräften. Firmen bringt das in Bedrängnis. Wer jetzt Beschäftigte entlässt, der könnte beim Aufschwung ohne geeignetes Personal dastehen.
Allerdings müssen es sich Firmen auch leisten können, trotz weniger Aufträgen ihre Fachkräfte zu halten. Gerade für kleinere Betriebe wird das zu einem Problem, je länger die Flaute anhält. Darauf weist Experte Wohlrabe vom ifo-Institut hin. Viele kleine Betriebe wissen, dass sie sich in Konkurrenz mit den großen Konzernen auf dem Markt mit Fachkräften schwerer tun. Die können sich höhere Einkommen für ihre Beschäftigten eher leisten. Bleibt den Kleineren, mit anderen Dingen bei der Personalsuche zu punkten, zum Beispiel mit flexibleren Arbeitszeiten.
Dieser Artikel ist erstmals am 4. Juni 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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