Der Web-Designer David Siemers, 25, und seine Lebensgefährtin Antonia Ammon, 23 und angehende Innenarchitektin, suchten eigentlich nur ein gebrauchtes Einfamilienhaus. Aber dann haben sie sich in das leerstehende "Schopf"-Wirtshaus in der Bayerwaldgemeinde Rinchnach verliebt und es gekauft – mit einem Bankkredit: "Wir sind keine reichen Leute", sagt Siemers. "Aber wenn man sich die Mietpreise anschaut oder die Entwicklung von Geld generell, dann ist es auch als junger Mensch gar nicht zu blöd, nicht in Miete zu gehen, sondern an Eigentum zu denken."
Mietbüros statt Fremdenzimmer
Momentan baut das junge Paar sich mit viel Eigenleistung eine Wohnung im Obergeschoss des alten Dorfwirtshauses aus. Aber das Haus bietet vom Keller bis zum Dach stolze 1800 Quadratmeter Nutzfläche. Geplant ist noch eine Mietwohnung. Die Gaststube soll hergerichtet und verpachtet werden. Für den großen Saal braucht man noch eine zündende Idee, für die alten „Fremdenzimmer“ gibt es schon eine: Sie sollen sogenannte "Co-Working Spaces" werden, also Mietbüros.
Co-Working Spaces sind Büros, die man tage-, wochen- oder monatsweise mieten kann. Ausgestattet sind sie in der Regel mit Schreibtisch, Stuhl, Internetanschluss und Computermonitor, an den man seinen Laptop anschließt.
Die Nachfrage ist da
Die Nachfrage nach solchen Mietbüros auf Zeit besteht auch im Bayerischen Wald, sagt die freiberufliche Heimat-Entwicklerin Lisa Ditz von der Initiative "HeimatUnternehmen Bayern", vor allem seit der Pandemie, als viele Leute aufs Land gezogen sind oder dorthin zurückkehrten, aber weiter für städtische Firmen arbeiten: "Ich weiß von vielen Unternehmen, dass einerseits das Homeoffice wieder zurückgezogen wird, andererseits aber schon weiter gepflegt wird", sagt Ditz. "Interessenten für Mietbüros können zum Beispiel Menschen sein, die nicht ausschließlich zuhause arbeiten wollen oder die viel gependelt sind."
- Zum Artikel: Neues Arbeiten: Co-Working Space auf dem Land
Manche wollen sich ein Büro mieten, wenn sie für einen Auftrag mehr Ruhe brauchen, als gerade zuhause vorhanden ist. Selbständige Handwerker oder Freiberufler ohne eigenes Büro wollen in Ruhe ihre Rechnungen schreiben oder besondere Aufträge abarbeiten. Andere brauchen nur mal für ein wichtiges Meeting ein ruhiges neutrales Büro mit guter Internetverbindung.
Mietbüros gibt es schon in der Region
Mietbüros gibt es in der Region schon in anderen Orten, bisher vor allem in Gründerzentren, zum Beispiel im GREG in Freyung, wo ein großer Co-Working Space mit 12 Arbeitsplätzen eingerichtet ist. In Passau kann man sich seit Sommer 2020 im "INN-Kubator" einen von 20 Schreibtischen mit Internetzugang mieten. Das Zehnerticket kostet dort 60 Euro, ein einzelner Tag alleine 20 Euro, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer.
Die Plätze seien gut gebucht, heißt es, zum Beispiel von Freiberuflern ohne eigenes Büro oder als Alternative zum Homeoffice. Auch einen Meetingraum für ein größeres Treffen gibt's hier zu mieten. In der Bayerwaldgemeinde Grainet hat ein Münchner – ähnlich wie in Rinchnach – das leerstehende alte Dorfwirtshaus gekauft und dort seine Uhrmacherwerkstatt eingerichtet. Weitere Räume sind an einen jungen Unternehmer vermietet, der ebenfalls Mietbüros anbietet und sogar einen Büroplatz mit angehängtem Film-und Fotostudio.
Mietbüros in Viechtach wieder geschlossen
In Viechtach hat eine junge Werbeagentur schon 2016 Co-Working Spaces angeboten, dann aber das Ganze wieder aufgegeben. Der Aufwand sei zu groß geworden und nach dem Umzug in ein anderes Haus ergab es sich nicht mehr, sagt der Agenturchef. Aber man bekomme bis heute Anfragen, obwohl man keine Mietbüros mehr anbietet.
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