Restaurants und Cafés müssen seit 1. Januar Getränke und Speisen zum Mitnehmen auch in Mehrwegbehältern anbieten. So steht es im neuen Verpackungsgesetz. Das heißt zum Beispiel bei Getränkebechern: Gastronomie und Handel müssen dem Kunden eine Mehrweg-Alternative anbieten. Das gilt für alle Unternehmen mit mehr als fünf Mitarbeitern und mehr als 80 Quadratmetern Fläche. Bei Nichtbeachtung drohen hohe Bußgelder.
BR-Testkäufe: Keine Mehrweg-Verpackungen
Doch halten sich Gastronomie und Geschäfte auch an die neuen Vorschriften? Die Redaktion der BR-Sendung mehr/wert macht in München eine Stichprobe. Erster Versuch: eine McDonald's-Filiale. Eine Bestellung zum Mitnehmen und der expliziten Bitte um eine Mehrweg-Verpackung. Und tatsächlich: Es kommt ein Pfandbecher, doch der Deckel ist weiterhin Einwegplastik. Auf Anfrage des BR bei McDonald's Deutschland nach heißt es: "(…) Leider muss es bei Ihrer Bestellung wohl zu einer Verwechslung im Restaurant gekommen sein, was wir sehr bedauern (…)".
Und wie sieht es bei der Konkurrenz aus? Burger King setzt laut der eigenen Internetseite auf Mehrweg-Becher von Recup – einem der großen Anbieter von Mehrweg-Geschirr. Bei der Bestellung wird wieder ausdrücklich um Mehrweg gebeten. Doch es kommt ein Einwegbecher. Auf Nachfrage in der Zentrale heißt es von Burger King Deutschland: "(…) Es scheint sich hier um ein Missverständnis gehandelt zu haben, weshalb wir unsere Mitarbeiter*innen vor Ort nochmals sensibilisiert haben."
Bundesweit 320.000 Wegwerf-Kaffeebecher pro Stunde
Auch in Bäckereien gehen massenhaft Wegwerf-Kaffeebecher über die Ladentheke. Laut offiziellen Angaben sind es deutschlandweit 320.000 pro Stunde. In der Stichprobe gibt es überall nur Einwegbecher – trotz der ausdrücklichen Bitte um Mehrweg-Verpackungen. Doch warum?
Die Geschäftsleitung einer Bäckerei erklärt, die wieder verwendbaren Becher seien zwar bestellt, aber es gebe Lieferschwierigkeiten. Und eine andere Bäckerei hätte eigentlich Mehrweg-Becher, wie das Unternehmen berichtet, aber das Personal scheint davon nichts zu wissen.
Doch nicht nur Getränkebecher sind ein Problem, sondern auch Einweg-Essensverpackungen, die in den vergangenen Jahren immer mehr geworden sind. Deshalb müssen Unternehmen jetzt auch für Speisen eine Mehrweg-Alternative anbieten, wenn ihre Einwegverpackungen Kunststoff enthalten.
Mehrweg-Verpackungen für Verbraucher kostenlos
Das Münchener StartUp Relevo bietet Mehrweg-Behälter in verschiedenen Formen und Größen an. "Es funktioniert ganz einfach. Ich gehe als Gast in ein Restaurant, sage, ich möchte gerne mein Lieblingsgericht zum Mitnehmen haben in einer Mehrwegverpackung. Der Gastronom füllt das Essen in diese Mehrwegverpackung ein." Per Handy-App werde die Verpackung gescannt, fügt Potthast hinzu. "Das heißt, es ist ähnlich wie in der Bücherei, wenn ich ein Buch ausleihe. Und damit ist es für mich als Konsument komplett kostenlos. Ich kann es 14 Tage nutzen und bei irgendeinem unserer Gastronomie-Partner wieder zurückgeben. Dieser spült das Ganze und gibt es wieder neu in den Kreislauf." Neben Relevo gibt es noch andere Anbieter.
- Zum Artikel: Mehrweg bei "To-Go": Kunden können sich entscheiden
Keine Extra-Kosten für Mehrweg-Variante
Für die Mehrwegoption dürfen den Verbrauchern keine zusätzlichen Kosten entstehen – auch nicht in Form von Rabatten oder anderen Vergünstigungen für Einwegverpackungen. Betriebe dürfen allerdings nach eigenem Ermessen Pfand auf Mehrwegbehälter erheben.
Die Reporter der BR-Sendung mehr/wert machen weitere Testkäufe: In einer Metzgerei-Filiale bestellen sie das Mittagsangebot zum Mitnehmen und fragen wieder nach Mehrweg. Doch Fehlanzeige. Die Verkäuferin sagt, es gebe nur eine Einweg-Plastikschale – mit Folie verschweißt. Dabei habe das Unternehmen eine Mehrweg-Verpackung, wie die Zentrale mitteilt: die sogenannte "Umweltbox".
Testkäufe in München: Einweg statt Mehrweg
Auch bei Testkäufen von Essen to go in bekannten Münchner Gastwirtschaften wird nichts in Mehrweg verpackt – sondern in einem Mix aus Einwegverpackungen aus Plastik, Pappe, Aluminium und Polystyrol.
Johanna Koch von rehab republic, einem von der Stadt München geförderten Verein, der Gastronomen, Händler und auch Verbraucher in Sachen Nachhaltigkeit und Mehrweg berät, sieht sich die Verpackungen an. Sie findet "Einwegkunststoff, der eigentlich eine Mehrweg-Alternative bräuchte. Das ist ein Produkt, das eigentlich gar nicht mehr auf dem Markt sein dürfte", so Koch. Außerdem entdeckt sie "einen Produktmix aus klassischem Kunststoff und biobasiertem Kunststoff, der aber leider auch viele Probleme mit sich bringt. Und das Aluminium, dafür braucht es nach dem Gesetz zwar keine Mehrweg-Alternative, aber aus meiner Sicht ist das leider auch eher katastrophal, weil das einfach eine ressourcenintensive Angelegenheit ist, Aluminium überhaupt herzustellen."
DEHOGA: "Da gehört viel Aufklärung noch dazu"
Weshalb gibt es so wenig Mehrweg in der Gastronomie? Thomas Geppert vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) sagt: "Da gehört viel Aufklärung noch dazu. Wir tun alles, wir haben auch Veranstaltungen gemacht, wir haben richtig informiert." Mit Verweis auf die Corona-Pandemie fügt Geppert hinzu, er "würde da niemandem jetzt einen Vorwurf machen" und verweist auf erneute Existenzgefahr durch explodierende Preise. Auch fehlten teilweise Mitarbeiter. "Und dann kann man schon mal sagen: Jetzt kommt auch noch diese Mehrwegangebotspflicht. Ich habe wahrlich jetzt gerade andere Sorgen, aber die Rückmeldungen sind, dass es doch viele Betriebe machen", so Geppert.
Gastronom: "Erst drei Mehrwert-Ausleihen gehabt"
Einer davon ist das Restaurant L’Osteria im oberpfälzischen Amberg. Wirt Matthias Seliger berichtet, dass to go und Lieferservice ein Viertel seines Geschäftes ausmachen. Doch Mehrweg ist bei der Kundschaft kaum gefragt. "Ich kann sagen, dass wir das System im November eingeführt haben bei mir im Restaurant in Amberg. Wir haben seitdem erst drei Mehrweg-Ausleihen gehabt", sagt Seliger.
Ein Einzelfall? Im Bratwursthäusle in der Nürnberger Altstadt hat Wirt Gerhard Rippel extra Mehrwegbehälter angeschafft. "Wir haben zwar unser Schild ausgehängt, dass wir Mehrweg anbieten, aber keine einzige Nachfrage nach Mehrweg", berichtet Rippel. "Jeder nimmt seine Styroporbox mit."
Warum ist die Nachfrage nach Mehrweg so gering?
In einer nicht-repräsentativen Umfrage erklären mehrere der spontan befragten Verbraucher, dass sie bislang nichts von der Mehrweg-Angebotspflicht wussten. Es handelt sich also um ein Gesetz, das nur teilweise befolgt wird und das offenbar kaum einer kennt.
"Das muss auf beiden Seiten etwas passieren", findet Johanna Koch von rehab republic. "Auch wir als Kundinnen und Kunden müssen das aktiver nachfragen, weil nur mit der Nachfrage Mehrweg auch verstärkt angeboten wird." Und nur dann würde wohl auch der Müll in den Städten weniger werden.
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