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Kunde bezahlt an der Supermarktkasse mit EC-Karte

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Wenn der Supermarkt die Bank ersetzt

Seit 50 Jahren gibt es ihn nun und für viele Menschen ist er aus dem Alltag kaum wegzudenken: der Geldautomat. Doch für die Banken ist er teuer und er bekommt immer mehr Konkurrenz. Ist der Siegeszug des Geldautomaten zu Ende? Von Verena Schälter

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Ein gutes Jahr ist es her, dass die Bankfiliale in Daiting dicht gemacht hat: Kein Schalter und auch kein Geldautomat mehr. Vor allem für ältere Dorfbewohner war das ein herber Verlust – eigentlich. Doch Roland Wildfeuer hatte eine Idee:

"Als die Raiffeisenbank zugemacht hat bei uns und wir – vor allem auch unsere älteren Herrschaften – von einem Tag auf den anderen nicht mehr die Möglichkeit hatten, an Bargeld zu kommen, da haben wir sofort angeboten, dass wir Bargeldauszahlung machen können." Roland Wildfeuer, Bürgermeister

Wildfeuer ist Bürgermeister von Daiting und Vorsitzender des Dorfladenvereins. Neben Obst, Gemüse, Wurst oder Getränken können die Dorfladen-Kunden direkt an der Kasse Geld abheben.

Diesen Service nutzt auch der 80-jährige Gebhardt Häckler.

"Das ist auf jeden Fall praktisch. Ich komme nicht jedes Mal bis ins Nachbardorf, obwohl ich noch selber fahren kann. Da nehm ich lieber hier Geld mit." Gebhardt Häckler

Bargeld abheben in 18.000 Filialen

Mit diesem Service liegt der Dorfladen in Daiting voll im Trend: Ob große Supermarktketten wie Rewe, Aldi Süd oder Penny, der Drogeriemarkt dm, Shell-Tankstellen oder der Baumarkt toom – der Handelsverband Deutschland schätzt, dass bis zu 18.000 Filialen in Deutschland den Bargeld-Service anbieten.

Fast überall nutzt man dafür das Verfahren "Cash Back": Wer an der Kasse Geld abheben will, muss lediglich seine Girokarte ins Lesegerät stecken und seine Pin-Nummer eingeben. Anschließend zahlt der Kassierer oder die Kassiererin das Geld in bar aus. Die Summe wird dann zusammen mit dem Einkaufswert vom Konto abgebucht. Maximal 200 Euro kann der Kunde abheben.

So machen sie es auch in Daiting – das Verfahren habe einen großen Vorteil, sagt Wildfeuer.

"Das Schöne ist ja, Sie sind ja nicht bankgebunden. Sie können mit jeder Karte Geld abheben und zahlen praktisch gar nichts dafür." Roland Wildfeuer, Bürgermeister

Mindesteinkauf statt Gebühren

Denn beim Cash Back fallen für den Kunden keine Gebühren an. Die zahlt nur der Händler, indem er pro Transaktion durchschnittlich 10 Cent an die Banken abzweigt.

Dafür müssen die Kunden, um den Service nutzen zu können, vorher für 20 Euro im Supermarkt einkaufen.

In Daiting gilt diese Regelung auch – allerdings nur für Ortsfremde. Die Dorfbewohner können auch ohne Mindesteinkauf Geld abheben. Das sei halt so, sagt Wildfeuer. Sonst würden sie vom Dorfladenverein auf den Kosten sitzen bleiben.

Zahl der Geldautomaten sinkt

Werden die Menschen also bald nur noch Geld an Supermarktkassen oder in Drogerien abheben? Wird der klassische Geldautomat bald überflüssig? Laut einer Studie der Deutschen Kreditwirtschaft, des Dachverbands der Deutschen Banken, sinkt die Zahlen der Geldautomaten seit 2015 erstmals.

Für Jürgen Gros, Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbands Bayern, ist das eine normale Schwankung, wie sie bereits in der Vergangenheit vorgekommen ist.

"Zusammen verfügen Sparkassen und Volksbanken- und Raiffeisenbanken über 7.500 Automaten und wenn Sie sehen, dass wir 2.000 Kommunen in Bayern haben, dann sehen Sie auch, dass wir da sehr dicht aufgestellt sind." Jürgen Gros, Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbands Bayern

Kosten pro Geldautomaten: 20.000 - 25.000 Euro

Aber: Die Banken müssen sparen. Seit dem Jahr 2000 ist bereits ein Viertel der Filialen in Deutschland geschlossen worden und manchmal wird – so wie in Daiting – der Geldautomat gleich mit abgebaut. Immerhin verursacht der, je nach Ausstattung, 20.000 bis 25.000 Euro Kosten.

Gros glaubt aber trotzdem nicht, dass der Geldautomat in naher Zukunft verschwinden wird. Grund sei vor allem eines: Das Bezahlverhalten der Deutschen.

"Die Deutschen fragen nach wie vor Bargeld nach. Sie wollen mit Bargeld zahlen. 77% der Transaktionen im Einzelhandel erfolgen mit Bargeld. Insofern bin ich sicher, dass auch künftig Geldautomaten gebraucht werden." Jürgen Gros, Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbands Bayern

Dennoch wird für die Banken das Geschäft durch die neue Konkurrenz in den Supermärkten härter. Laut einer Untersuchung der Bundesbank aus dem Jahr 2017 werden bereits 2% aller Bargeldabhebungen in Deutschland in Supermärkten oder Tankstellen gemacht. Für die Daitinger aber hat sich der Bargeld-Service bereits ausgezahlt, sagt Bürgermeister Wildfeuer. Denn der Dorfladen ist so noch beliebter geworden als vorher.