Antibabypille mit vielen gesundheitlichen Risiken
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Die Antibabypille greift in den Hormonhaushalt des weiblichen Zyklus ein.

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60 Jahre Antibabypille - Sexuelle Freiheit oder Hormonhammer?

60 Jahre Antibabypille - Sexuelle Freiheit oder Hormonhammer?

Die Antibabypille ist heute noch eines der sichersten Verhütungsmittel. Einst von Frauenrechtlerinnen auf den Weg gebracht, revolutionierte sie die sexuelle Freiheit, aber nicht ganz ohne Nebenwirkungen. Ein Rückblick auf 60 Jahre Antibabypille.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Am 18. August 1960 kam das erste Medikament zur hormonellen Empfängnisverhütung mit dem Namen "Enovid" in den USA auf den Markt. Ein Jahr später, am 1. Juni 1961, wurde sie auch in Deutschland verkauft - zuerst nur an verheiratete Frauen.

Frauen kämpfen für die Antibabypille

Zwei Frauenrechtlerinnen - die Krankenschwester Margaret Sanger und die Biologin Katharine McCormick - gaben den Anstoß zur Pille. Ihr Ziel war es, vor allem illegale Abtreibungen zu verhindern. Sie engagierten den Endokrinologen Gregory Pincus eine Pille zu entwickeln. Katharine McCormick investierte am Ende zwei Millionen Dollar für deren Herstellung.

Yams-Wurzel als Basis der ersten Pille

Pincus konnte auf die Vorarbeiten des Chemikers Carl Djerassi zurückgreifen, der einen Progesteron ähnlichen Wirkstoff namens Norethisteron bereits entdeckt hatte. Darauf aufbauend schafften es Pincus und sein Kollege John Rock, den Wirkstoff für eine hormonelle Verhütungspille erfolgreich zu synthetisieren. Sie verwendeten Substanzen, die aus der tropischen Yams-Wurzel gewonnen wurden. Die klinischen Tests des Verhütungsmittels fanden in Puerto Rico statt. Von den 100 teilnehmenden Frauen wurden nur 17 innerhalb von neun Monaten schwanger. Schuld waren nachweislich Einnahmefehler.

Die Antibabypille stößt anfangs auf Skepsis

Während in den USA "Enovid" zur hormonellen Empfängnisverhütung zugelassen wurde, kam die Pille ein Jahr später unter dem Namen "Anovlar" in der Bundesrepublik auf den Markt. Ärzte standen dem Medikament skeptisch gegenüber. Es wurde zunächst nur als Mittel gegen Menstruationsbeschwerden und nur für verheiratete Frauen, die bereits Kinder hatten, verschrieben. Die empfängnisverhütende Wirkung stand im Beipackzettel, sie wurde als Nebenwirkung aufgelistet. Für die meisten Frauen war die Antibabypille schwer zu bekommen. Vor allem wehrte sich die katholische Kirche massiv gegen die Einführung der Pille und verurteilte eine Geburtenkontrolle durch künstliche Verhütungsmittel. Der damalige Papst Paul VI propagierte die Untrennbarkeit von Geschlechtsverkehr und Fortpflanzung.

Meilenstein für körperliche Selbstbestimmung der Frau

Nachdem immer mehr Studienergebnisse vorlagen und die Vereinten Nationen 1968 das Recht auf Familienplanung durchsetzten, stieg die Akzeptanz der Pille auch in Deutschland. Zunehmend wurde sie als Verhütungsmittel auf Rezept verschrieben. Mitte der 1960er-Jahre verhüteten Millionen Frauen damit. Für die Medizinhistorikerin Lisa Malich von der Universität Lübeck, war die Einführung der Pille eine wichtige Errungenschaft für den Rückgang von illegalen Abtreibungen. Medizinhistorisch hat die Pille die Empfängnisverhütung neu definiert. Mit der Studentenbewegung und der sexuellen Revolution in den 1970er-Jahren revolutionierte sie die Selbstbestimmung der Frau. Doch sie gab auch immer wieder Anlass zur Kritik.

Die Pille verändert den weiblichen Hormonzyklus

Die Antibabypille greift in den Hormonhaushalt des weiblichen Körpers ein: Künstliche Hormone unterdrücken den Eisprung und verhindern die Einnistung einer eventuell gereiften und befruchteten Eizelle. Außerdem wird das Sekret des Gebärmutterhalses verändert, sodass Spermien nicht mehr vordringen können, um eine Eizelle zu befruchten. Nicht jeder weibliche Körper kommt damit klar, dass künstliche Hormone den Zyklus verändern. Entsprechende Nebenwirkungen wurden schon kurz nach der Markteinführung der Antibabypille kritisiert.

Die Pille greift in den Hormonhaushalt ein

Die ersten Pillen enthielten das Schwangerschaftshormon Progesteron und das weibliche Hormon Östrogen. Während Progesteron den Eisprung unterbindet und damit eine Befruchtung verhindert, entdeckten die Wissenschaftler durch Zufall, dass Östrogen die Einnahme verträglicher macht.

Heute gibt es 50 verschiedene Pillen auf dem Markt, mit ganz unterschiedlichen Kombinationen der Hormone. Für Progesteron wird Gestagen verwendet, eine chemische Verbindung, das die Wirkung des natürlichen Gelbkörperhormons nachahmen soll.

Pillen-Wirkstoffe Gestagen und Östrogen

Kombinationspräparate enthalten Gestagen und Östrogen. Als synthetisches Östrogen wird meist der Wirkstoff Ethinylestradiol verwendet. Aber auch reine Monopräparate, die nur Gestagen enthalten, dienen als Verhütungsmittel. Gestagene sind ausschlaggebend, wenn man die einzelnen Präparate unterscheiden möchte: Pillen der ersten Generation enthalten die Wirkstoffe Norethisteron und Lynestrenol. Pillen der zweiten Generation die Wirkstoffen Levonorgestrel. Pillen der dritten Generation den Wirkstoff Desosgestrel oder Gestoden. Die vierte Generation enthält Dienogest oder Drospirenon als Gestagen.

Erste Antibabypillen waren hochdosiert

Durch die hohe Dosierung der Östrogene ist das Risiko für Thrombosen und Lungenembolien mit Pillen der ersten Generation etwas höher gewesen, betont Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte. Ebenso gab es Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Wassereinlagerungen oder Zwischenblutungen. Gestagene mit einer Vielfalt an Wirkstoffen wurden erst später entwickelt. Doch selbst die späteren Generationen von Antibabypillen waren nicht ohne gesundheitliches Risiko.

Thrombosen und Embolien: Keine Pille ohne Risiko

Pillen der vierten Generation mit dem Wirkstoff Drospirenon wurden Anfang der 2000er-Jahre entwickelt. Als Nebenwirkung soll nicht mehr die Gewichtszunahme auftreten, weil das Wasser aus dem Körper schwemmt. Doch das Risiko, einer Thrombose, dass sich ein Blutgerinnsel in den Venen bildet und diese verengt, verstopft, wurde damals unterschätzt.

"Jetzt versteht man zunehmend, dass diejenigen Gestagene in der Kombination dann doch riskanter sind. Die grundsätzlich eigentlich eher modernen, günstigen Gestagene scheinen zwar viele Vorteile zu haben, aber sie wirken womöglich auf das Thromboserisiko eher ungünstig." Professor Christian Thaler, Leiter Hormon- und Kinderwunschzentrum, Ludwig-Maximilians-Universität München

Antibabypille für reine Haut

Noch heute werden die risikoreicheren Präparate der jüngeren Generation verschrieben, wie der AOK Bundesverband bestätigt. Mehr als die Hälfte der Frauen, die auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse die Pille verordnet bekommen, erhalten Pillen mit den Wirkstoffen Dienogest oder Drospirenon. Hinzu kommt, dass diese Pillen nicht allein als Verhütungsmittel verschrieben werden. Als Nebeneffekt führen sie unter anderem zu einer reineren Haut. Die Wirkstoffe hemmen die Talgproduktion im Körper und helfen gegen Akneprobleme.

Sicher verhüten trotz Nebenwirkungen

Wenn man davon ausgeht, dass über die Hälfte der Frauen in Deutschland mit der Antibabypille verhütet, weil sie eines der sichersten Verhütungsmittel ist, dann werden weitere gesundheitliche Risiken für Frauen nicht ausbleiben. Mit einem Pearl-Index von 0,1 bis 0,9 steht die Antibabypille immer noch an erster Stelle. Was bedeutet, dass von 1.000 Frauen, die ein Jahr die Pille verwenden, nur bis zu neun Frauen schwanger werden. Die Pille für den Mann wird noch lange auf sich warten lassen. Die Entwicklung einer hormonellen Verhütungsspritze wurde aufgrund von starken Nebenwirkungen im Jahr 2011 eingestellt.

Junge Frauen sind "pillenmüde" geworden

Junge Frauen wollen immer weniger mit der Pille verhüten. Laut AOK Bayern ist die Pilleneinnahme bei Frauen bis 20 Jahren im letzten Jahrzehnt um 31 Prozent zurückgegangen. Im Jahr 2010 waren es noch 46 Prozent. Im Jahr 2019 nahmen nur noch ein Drittel der Frauen unter 22 Jahren die Pille. Vermutlich entwickelt sich ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass die Antibabypille kein Lifestyle-Produkt ist, sondern in den Hormonhaushalt der Frau eingreift und gefährliche Nebenwirkungen mit sich bringen kann.

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