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Grippe-Impfung

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Ärger um Grippe-Impfstoffe

Die Grippe-Saison beginnt und mit ihr die Debatte, was eine Impfung bringt. Kassenpatienten bekommen meist einen Impfstoff gespritzt, der gegen drei Grippe-Erreger wirkt, obwohl es bereits einen neueren Vierfach-Impfstoff gibt. Von Johanna Kempter

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Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

München ist Viren-Hochburg: Zur Oktoberfestzeit wird traditionell überall gehustet und geschnupft. Die Wiesn als Auftakt zur Grippesaison. Gesundheitsministerin Huml hat diese Woche wieder an alle Menschen in Bayern – nicht nur die Münchner – appelliert, sich gegen Grippe impfen zu lassen.

Die Rechnung klingt einfach: Der Dreifach-Impfstoff wirkt gegen drei Varianten des Grippe-Virus, der Vierfach-Impfstoff gegen vier Varianten. Also ist letzterer besser – oder? So einfach ist es nicht. Allein festzulegen, wie der Grippe-Impfstoff für diese Saison aussehen muss, ist komplex. Das erklärt auch Markus Frühwein, Allgemein- und Reisemediziner aus München.

Privatpatienten bekommen mehr

"Die WHO beobachtet die Verbreitung von den verschiedenen Grippe-Erregern weltweit und aus dieser Bewegung lässt sich relativ gut vorhersagen, welche Erreger bei uns in der Grippe-Saison zirkulieren." Markus Frühwein

Auf der Basis davon geben sie laut Frühwein die Empfehlung aus, welche Erreger im Impfstoff in der kommenden Saison hergenommen werden. Wenn also gerade der Grippe-Erreger, gegen den der Vierfach-Impfstoff zusätzlich wirkt, besonders stark umgeht, dann sind die einen geschützt – die anderen nicht.

Die einen, das sind meistens die Privatpatienten. Die anderen, das sind meistens die Kassenpatienten. Denn die gesetzlichen Krankenkassen zahlen in der Regel nur den Dreifachimpfstoff. Für den haben sie mit den Pharma-Firmen einen Rabatt ausgehandelt. Der Dreifachimpfstoff sei zum einen ausreichend, sagt Ann Marini vom GKV-Spitzenverband. Die große Frage sei zum anderen, ob der vierstämmige Impfstoff besser ist. Laut Marini ist das wissenschaftlich nicht geklärt.

Welche Impfung bietet den besten Schutz?

"Fakt ist, dass die gesetzlich Versicherten natürlich einen guten und ausreichenden Impfschutz bekommen, ob dreistämmig oder vierstämmig. Weil wir nicht sagen können, wenn die Grippewelle kommt: Was sind tatsächlich die Hauptstämme, die auf den Patienten eintreffen?" Ann Marini

Die ständige Impfkommission gibt zwar keine Empfehlung, aber sie beschäftigt sich zur Zeit mit dem Thema Drei- oder Vierfachpräparat. Das hat sie auf BR-Anfrage bestätigt. Möglicherweise könnte also für die Grippesaison in gut einem Jahr eine neue Empfehlung kommen.

Der Münchner Mediziner Frühwein jedenfalls hält den vierstämmigen Impfschutz für etwas besser, vor allem für Risikopatienten:

"Ich denke, dass die Vierfach-Impfung einen etwas breiteren Schutz bietet als die Dreifachimpfung. Gerade bei chronisch Kranken oder Menschen, die den besonderen Schutz brauchen, kann es durchaus Sinn machen, den Vierfachimpfstoff zu verwenden." Markus Frühwein

Viel Verwaltungsaufwand

Solche Patienten können Ärzte auch mit dem Vierfachpräparat impfen. Sie müssten dafür allerdings Verwaltungsaufwand in Kauf nehmen, kritisiert Frühwein. Er müsse für jeden einzelnen Patienten schriftlich gegenüber der Krankenkasse begründen, warum dieser jetzt diesen Impfstoff bekommt und nicht den "normalen" Impfstoff. Frühwein würde sich wünschen, dass die Kassen beide Impfstoffe erstatten. Dann könnte er als Arzt selbst entscheiden, welche Behandlung für den jeweiligen Patienten am sinnvollsten ist, ohne dabei an den Papierkram zu denken. Am wichtigsten ist für Markus Frühwein allerdings, dass sich die Menschen überhaupt gegen Grippe impfen lassen – egal ob mit dem sehr guten Dreifachimpfstoff oder dem noch etwas besseren vierfachen.