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SOS-Signal aus Palmenbäumen auf Sumatra

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Artenschwund durch Palmöl: Keine Lösung in Sicht

Artenschwund durch Palmöl: Keine Lösung in Sicht

Der Verbrauch von Palmöl steigt ständig, zerstört die Umwelt und die Artenvielfalt. Was sind Alternativen? Eine Studie der IUCN zeigt: Werden statt Palmöl andere Pflanzenöle verwendet, werden die Umweltprobleme noch größer und nur verlagert.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Die Weltnaturschutz-Union IUCN schlägt Alarm und scheint gleichzeitig ratlos: Die Herstellung von Palmöl gilt als verantwortlich für zahlreiche Umweltschäden in den Produktionsländern, für das Abholzen von Urwald und Aussterben vieler Tier- und Pflanzenarten. Nun belegt die IUCN in ihrem aktuellen Bericht "Palm Oil and Biodiversity": Ein Palmöl-Verzicht würde die Lage nicht verbessern. Im Gegenteil: Er würde vielmehr nur den Anbau anderer Ölpflanzen fördern. Damit würde der weltweite Artenschwund nicht gestoppt, sondern nur verlagert und wahrscheinlich noch verschlimmert werden. Einfache Lösungen für dieses riesige Problem gibt es nicht.

"Wenn Sie die desaströsen Folgen von Palmöl auf die Biodiversität aus einer globalen Perspektive sehen, so gibt es keine einfachen Lösungen. Die Hälfte der weltweiten Bevölkerung benutzt Palmöl im Essen, und wenn wir das verbieten oder boykottieren, werden noch mehr landhungrige Pflanzen seinen Platz einnehmen." Inger Andersen, IUCN-Generaldirektor

Malaysia und Indonesien

Laut der IUCN-Analyse schadet Palmöl der weltweiten Artenvielfalt enorm: 193 Arten, die nach der Roten Liste der IUCN als bedroht gelten, seien weltweit davon betroffen. Besonders gravierende Folgen hätten zum Beispiel Gibbons, Orang-Utansund Tiger zu erleiden. Die Auswirkungen des Palmölanbaus auf die Artenvielfalt seien derzeit in Malaysia und Indonesien – die beiden Länder produzieren 85 Prozent des weltweiten Bedarfs – am deutlichsten, könnten aber jederzeit in die tropischen Gebiete Afrikas und Amerikas übergreifen, wenn die Produktion eine steigende Nachfrage decken muss.

Artenvielfalt gefährdet

Weil Ölpalmen in den artenreichen Tropen angebaut werden, kann das insgesamt katastrophale Auswirkungen auf die weltweite Biodiversität nach sich ziehen, so ein Fazit der Studie. Denn die Gebiete, auf die sich der Anbau noch ausdehnen könnte, sind die Heimat von 54 Prozent der weltweit bedrohten Säugetiere und von nahezu zwei Dritteln (64 Prozent) aller bedrohten Vögel, so der Report.

Lösung: Andere Ölpflanzen statt Ölpalmen?

Würde Palmöl durch andere Ölpflanzen ersetzt, könnte sich der Schaden auf Ökosysteme wie Südamerikas tropische Wälder und Savannen verlagern. Zudem bestätigt die IUCN-Studie, was auch schon eine WWF-Studie aus dem August 2016 offenbart hatte: Jede andere Ölpflanze benötigt noch viel mehr Fläche, um denselben Ertrag wie Ölpalmen zu erzielen.

Nach Angaben der IUCN wurden im Jahr 2017 auf 18,7 Millionen Hektar Land industriell Ölpalmen angebaut. Sie produzierten 35 Prozent des weltweiten Pflanzenöls auf zehn Prozent der Flächen, die für alle Ölpflanzen zur Verfügung stehen. Der Studienleiter und Vorsitzende der IUCN "Oil Palm Task Force", Erik Meijaard, sieht ebenfalls, dass Ölpalmen sich in den tropischen Regenwald fressen und damit den Artenreichtum im südostasiatischen Raum dezimieren. "Aber wenn Ölpalmen durch viel größere Areale für Rapsöl-, Soja- und Sonnenblumenfelder ersetzt werden, würden andere natürliche Ökosysteme und Arten leiden."

"Um die Zerstörung zu stoppen, müssen wir auf abholzungsfreies Palmöl hinarbeiten, und sicherstellen, dass alle Versuche Palmöl einzuschränken, auf einem soliden wissenschaftlichen Verständnis basieren." Erik Meijaard Vorsitzender der IUCN 'Oil Palm Task Force'

Ist zertifiziertes Palmöl besser?

Das meiste Palmöl wird in China, Indien und Indonesien konsumiert, wobei drei Viertel davon in die Essenszubereitung und in industrielle Lebensmittel fließen. Der Rest wird für Kosmetik, Reinigungsmittel und Biokraftstoff verwendet. Bisher hat sich zertifiziertes Palmöl – das beim Anbau Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen der Herkunftsländer einhalten soll – in Bezug auf die Abholzung nur als marginal besser erwiesen als nicht-zertifiziertes. Allerdings seien diese Ansätze auch noch relativ neu und müssten zukünftig erst noch genauer untersucht werden, so der Report.

Vorschläge des IUCN

Die Studienmacher fordern deshalb, nachhaltige Projekte besser zu fördern und sie transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Regierungen von Ländern, in denen Ölpflanzen angebaut werden, sollten ihre Wälder besser schützen. Zudem soll der Bedarf an Palmöl für alle Bereiche außer für Lebensmittel eingeschränkt werden – etwa für Biokraftstoff. Gerade in den Ländern mit dem größten Verbrauch, Indonesien, China und Indien, sollten die Konsumenten besser aufgeklärt werden, um so zertifiziertes Palmöl zu fördern.

Palmöl – alternativlos?

Für Palmöl gibt es derzeit keine wirklich praktikable Alternative. All die Vorschläge des IUCN verdeutlichen: Es gibt derzeit nicht nur keine einfache Lösung für das Problem, es gibt eigentlich gar keine Lösung, bei steigenden Bevölkerungszahlen den Palmöl-Anbau und die damit verbundenen Umweltschäden einzudämmen. Nur ein insgesamt wesentlich geringerer Verbrauch an Palmöl könnte zu einer Verbesserung der Situation führen.