Herbstliche Laubbäume.
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Hoffnung: Vitale Buchen könnten Gene für Dürreresistenz haben

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Buchensterben: Hat dieser Baum in Bayern eine Zukunft?

Die Buche galt als "sichere Bank" im Klimawandel, aber nun sterben auch Buchenwälder großflächig ab. In Unterfranken könnte die Buche ganz verschwinden. Die Hoffnung: Genforscher haben dürreresistente Buchen entdeckt.

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Ulrich Mergner lässt seinen Blick durch die Baumkronen schweifen. Der Försterblick geht immer nach oben, denn in den Kronen zeigen sich die Schäden als Erstes. In den letzten Jahren sind im Steigerwald hunderte Buchen abgestorben: Sie bekommen eine lichte Krone, Ausfluss an der Rinde, werfen ihre Blätter ab und treiben im Frühjahr nicht mehr aus.

"Es war für mich anfangs entsetzlich zu sehen, dass Buchen ihre Äste nicht versorgen können", sagt Mergner. "Heute haben 20 Prozent der alten Buchen solche Merkmale." Ulrich Mergner war bis 2021 Leiter des Staatsforstbetriebs Ebrach im Steigerwald und ist einer der besten Kenner der dortigen Buchenmischwälder – die viele Naturschützer gern als bayerischen Buchennationalpark sehen würden.

Buchensterben: Förster entsetzt

Die Rotbuche, so der korrekte Name, ist unsere häufigste Laubbaumart, lange hatte sie ideale klimatische und geologische Bedingungen. Experten sprachen vom "Buchenoptimum", Laien vom "Buchenland Deutschland".

Das Leiden der Buche hat viele Förster entsetzt. Intensiv wird nach Wegen gesucht, um der Buche eine Zukunft zu sichern. Ein Weg ist eine nachhaltige Waldbewirtschaftung: Mischbaumarten wie die trockenheitstolerante Elsbeere, Ulme oder Eiche in Buchenwälder mischen. Dazu kommen sanfte Eingriffe, um die Feuchtigkeit im Wald zu halten und eine bodenschonende Holzernte. "Wir Förster müssen vorsichtiger mit dem Boden umgehen als früher", sagt Mergner, "und es muss möglichst viel Wasser im Wald gehalten werden."

Genetik: Buchen mit Dürreresistenz

Eine weitere Hoffnung liegt in der Genetik der Buche: Ulrich Mergner zeigt auf eine mächtige Buche mit einer gesunden, grünen Krone – direkt neben ihr steht eine kahle, sterbende. "Es kann keinen Unterschied im Boden, Licht oder Wasser geben", sagt Mergner, "die gesunde Buche muss eine andere Genetik haben."

Genau das konnte Markus Pfenninger von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung nun nachweisen: Er entdeckte 80 Abschnitte der DNA, die für die Dürre-Resistenz verantwortlich sind. Pfenninger kombinierte seine Erkenntnisse mit Wetter-, Satelliten- und Bodendaten und fand seine These bestätigt: Ein in Dürrezeiten gesunder Baum hat mit hoher Wahrscheinlichkeit eine für den Klimawandel vorteilhafte Genetik. Er besitzt Eigenschaften, die ihn resistent gegenüber Trockenheit machen. "Diese Buchen müssen gefördert und geschützt werden, denn sie können ihre guten Eigenschaften an die Nachkommen weitergeben", so der Forscher.

Südeuropa: Anpassung an trocken-warmes Klima

Eine Rotbuche hat rund 130.000 Gene. Diese bestimmen das Erscheinungsbild eines Lebewesens – und seine Anpassungsfähigkeit: Je vielfältiger die genetische Ausstattung, umso besser kann eine Art sich anpassen. Das kann aber nur dort funktionieren, wo es viele vitale Buchen gibt. Andernorts müssten dürreresistente Buchen gezielt in die Wälder eingebracht werden.

Solche trockenheitstolerante Buchen finden sich im Südosten Europas: Muhidin Seho reist im Auftrag des Bayerischen Amtes für Waldgenetik nach Bulgarien oder Kroatien, um dort Buchen für Bayern zu finden. "Die südeuropäischen Buchen haben sich in Jahrhunderten an das warm-trockene Klima angepasst", sagt Seho. "Wir nutzen diese Anpassung, bringen Saatgut nach Bayern und probieren diese Bäume auf warm-trockenen Standorten aus."

Orientbuche: Hoffnungsträgerin aus Bulgarien

Vor allem die "Orientbuche" steht bei Forschern hoch im Kurs, sie verträgt ein trocken-warmes Klima besser als die heimische Rotbuche, die ein feucht-kühles Klima braucht. Auf wissenschaftlichen Versuchsflächen wachsen bereits Orientbuchen und auch bayerische Waldbesitzer können die orientalische Buche testweise in ihren Wäldern anbauen.

Im Kern sind sich die beiden Buchenarten gar nicht fremd: Als die Buche nach der letzten Eiszeit nach Mitteleuropa zurückkehrte, hat sie sich auf ihrer "Wanderung" regional angepasst und so verschiedene Ökotypen herausgebildet. Rotbuche und Orientbuche sind also eigentlich Schwestern, sagt Muhidin Seho.

Hoffnung: Anpassung durch natürliche Verjüngung

Ulrich Mergner kennt Orientbuchen, vor 100 Jahren hat sie ein Förster schon einmal im Steigerwald gepflanzt. Diese Bäume stehen heute kerngesund da – während ihre benachbarten Rotbuchen absterben.

Trotzdem glaubt der Förster an die Zukunft der heimischen Rotbuche: "Ich hoffe, dass einige genetische Merkmale der Orientbuche in unseren Buchen mitschwingen." In der natürlichen Selektion werden diese resilienten Buchen jedoch nicht zwangsläufig die perfekten, kerzengeraden Hochstämme sein, die wir bisher aus bewirtschafteten Buchenwäldern kennen, fügt Mergner hinzu. Sondern vielleicht und gerade auch die krummen, nicht-perfekten, aber dafür kerngesunden Bäume.

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