Für die App des Robert Koch-Instituts (RKI) braucht man eine Smartwatch oder ein Fitnessarmband, um seine Daten zu spenden. Laut RKI werden Namen und Adressen nicht erfasst, aber andere sensible personenbezogene Daten wie Geschlecht, Alter, Gewicht, Körpergröße und die Postleitzahl. Außerdem alle Daten, die das Fitnessarmband für gewöhnlich erfasst, wie etwa Puls, Schlafverhalten, Bewegung und sportliche Aktivitäten.
Das RKI setzt damit auf den Zusammenhang zwischen der Physiologie und der Entwicklung von Krankheitssymptomen wie zum Beispiel Fieber. Die erhöhte Körpertemperatur verändert den Ruhepuls, meist auch das Schlafmuster und hat Einfluss auf die körperliche Aktivität. Die gespendeten Daten werden daraufhin von Algorithmen analysiert und auf Symptome abgesucht, die auch bei einer Coronavirus-Infektion auftreten können.
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RKI-Datenspende-App soll regionale Infektionsschwerpunkte sichtbar machen
Die mit der App gesammelten Daten sollen später in einer Karte aufbereitet werden und regionale Infektionsschwerpunkte bis auf die Ebene der Postleitzahl sichtbar machen. Das Vorbild der RKI-App ist ein Projekt aus den USA, bei dem während einer Grippewelle die Gesundheitsdaten von mehr als 100.000 Menschen mit Fitnessarmbändern untersucht wurden. Die Daten machten die Verbreitung der Grippe nachvollziehbar. Allerdings bedarf es dafür großer Datenmengen.
Die müssten für die Datenspende-App zumindest theoretisch in Deutschland greifbar sein, denn rund zehn Millionen Menschen hierzulande besitzen Wearables und Fitnessarmbänder. Je mehr bei der Spende mitmachen, desto aussagekräftiger werden die Daten. Schon einen Tag nach dem Start der App gingen laut RKI 50.000 Datenspenden ein.
Fazit Datenspende-App
Die Datenspende-App des RKI ist freiwillig und pseudonym, aber nicht ganz anonym. Es werden keine GPS- oder Mobilitätsdaten abgegriffen. Datenschützer kritisieren, dass der Programmcode der App nicht open source, das heißt quelloffen ist. Damit sei nicht einseh- und überprüfbar, ob die App sicher und datenschutzkonform arbeitet.
Für Virologe Christian Drosten von der Charité Berlin sind Fallverfolgungs-Apps ("contact tracing") das "bevorzugte Werkzeug" (Podcast "Coronavirus-Update" - Folge 30), um eine Exit-Strategie aus den Ausgangsbeschränkungen zu erarbeiten. Wünschenswert und sinnvoll sind für Experten, die Datenmodelle entwerfen, auch Apps auf europäischer Ebene, denn das Coronavirus macht nicht an Grenzen Halt.
Vielbeachtet ist die Vorgehensweise in Südkorea, wo die Verbreitung des Coronavirus durch flächendeckende Tests und App-Daten schnell und erfolgreich eingedämmt werden konnte. Allerdings wurden in dem stark digitalisierten Land GPS-, Mobilitäts-, Bankdaten und ähnliches analysiert, was in Deutschland für einen Aufschrei sorgen würde.
Open Science- und Bürgerfoscher-Projekt "Faster than Corona"
Auf eine freiwillige Datenspende setzt auch das ehrenamtliche Open Science- und Bürgerforscher-Project "Faster than corona" von einem Team aus Medizinern, Digitalisierungsexperten, Datenwissenschaftlern und weiteren Unterstützern. Im Gegensatz zur Corona-Datenspende-App des RKI werden aber keine App-Daten ausgelesen, sondern Bürger geben ihre Daten selbst aktiv auf der Website fasterthancorona.de ein. Bei der Eingabe werden Usern Fragen gestellt, zum Beispiel, ob man auf Corona getestet wurde, Krankheitssymptome hat oder Medikamente einnimmt. Danach werden die gesammelten Daten mit künstlicher Intelligenz ausgewertet, um beispielsweise medizinische Zusammenhänge zu suchen,
Die Daten werden laut Datenschutz-Vermerk "anonymisiert auch an Institute und Einzelpersonen mit einem berechtigten Interesse an der Datenauswertung weitergeben, um möglichst vielen die Möglichkeit zu geben eigene statistische Modelle und Algorithmen darauf anzuwenden." Eine Datenweitergabe erfolge nur, wenn die Einrichtung oder Person ein wissenschaftliches Interesse hinreichend dargelegt habe und die Beachtung des Datenschutzrechts gewährleiste. Eine Weitergabe von Daten zu kommerziellen oder sonstigen Zwecken erfolge zu keinem Zeitpunkt. Diese Institute sind beispielsweise das Robert Koch-Institut, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten.
Fazit Projekt "Faster than Corona"
Die gesammelten Daten werden mit KI ausgewertet und können anonymisiert an Institute und Einzelpersonen mit einem berechtigten Interesse an der Datenauswertung weitergegeben werden. Nutzer von "Faster than Corona" geben ihre E-Mail-Adresse an und werden dann regelmäßig aufgefordert, ihre Daten zu ergänzen oder zu aktualisieren. Laut Website kann man sich jederzeit wieder vom Projekt abmelden und seine Daten löschen lassen - nur nicht die, die bereits in Analysen verarbeitet wurden.
Datenspende - ein Dienst an der Gesellschaft
Die Corona-Datenspende App des RKI und das Projekt "Faster than Corona" liefern keine persönliche Gesundheitsberatung oder geben Risikowarnungen. Sie ersetzen auch keine Diagnose oder einen Test. Aber sie können die offiziellen Meldedaten um wertvolle Informationen ergänzen und so die Infektionsforschung im Kampf gegen das neue Coronavirus unterstützen und im besten Fall beschleunigen.
Solange der Datenschutz eingehalten wird und die Datenspende anonym, freiwillig und transparent abläuft, leistet man der Gesellschaft einen Dienst. Aufgrund der Fülle der abgegebenen Daten sind Rückschlüsse auf Personen im Bereich des Möglichen. Wer Zweifel bekommt, hat die Rechte an seinen Daten nicht abgegeben und kann die Einwilligung jederzeit widerrufen.
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