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Frau nimmt Arznei mit Löffel ein

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Streit um Nebenwirkungen: Ist Iberogast gefährlich?

Streit um Nebenwirkungen: Ist Iberogast gefährlich?

Viele greifen bei Magenschmerzen, Reizdarm oder Übelkeit zu Iberogast. Das Bayer-Produkt enthält nur pflanzliche Bestandteile. Doch die können in manchen Fällen die Gesundheit gefährden. Anna Dannecker

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

In Deutschland geht das pflanzliche Mittel der Firma Bayer jedes Jahr rund zehn Millionen Mal über den Apotheker-Tresen. Es ist rezeptfrei erhältlich und besteht unter anderem aus Schöllkraut. Die Pflanze soll in geringen Mengen Krämpfe lösen und den Magen beruhigen. In hoher Konzentration ist Schöllkraut aber giftig.

"Schöllkrautextrakte können dosisabhängig die Leber schädigen.“ (Wolfgang Becker-Brüser, Arzt und Apotheker, Redakteur des pharmakritischen „Arznei-Telegramms“)

Bayer will in Deutschland nicht warnen

In Deutschland wurden 2008 alle Medikamente vom Markt genommen, die mehr als 2,5 mg Schöllkraut enthalten. Liegt die Dosis unter diesem Grenzwert, muss in der Packungsbeilage auf die Risiken hingewiesen werden. Das gilt eigentlich auch für Iberogast. Denn das Mittel enthält 0,35 mg Schöllkraut. In der Schweiz stehen die Warnhinweise seit Anfang des Jahres im Beipackzettel. In Deutschland jedoch nicht. Der Grund: Iberogast-Hersteller Bayer ist juristisch gegen den Stufenplan des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vorgegangen.

Ab wann es gefährlich wird

Aufgrund der geringen Fallzahl hat man im Bundesgesundheitsministerium darauf verzichtet, eine direkte Anordnung durchzusetzen. Und auch Bayer sieht bislang keinen Grund, vor den Nebenwirkungen zu warnen.

"Kontinuierlich überwachen wir bei allen Arzneimitteln wie auch bei Iberogast, ob der Nutzen und das Risiko noch in einem Verhältnis stehen, das positiv ist. Und bei Iberogast ist das ganz klar positiv." (Konstanze Diefenbach, Bayer)

Behörden werden wieder aktiv

Vergangenes Jahr kamen allerdings konkrete Verdachtsfälle hinzu. Die europäische Datenbank, die unerwünschte Arzneimittelwirkungen dokumentiert, gab mindestens vier Fälle an, die einen möglichen Kausalzusammenhang zwischen Leberschäden und Iberogast vermuten lassen. Wieder wurde das BfArM aktiv.

„2017 hat das Bundesinstitut direkt bezogen auf Iberogast einen neuen Erlass herausgegeben mit entsprechenden Warnhinweisen für Schwangere und Menschen, die schon Lebervorschäden haben.“ (Grünen-Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche)

Gegen diesen Erlass hat der Arzneimittelhersteller geklagt. Die Folge: Eine Entscheidung des BfArM ist vorerst aufgeschoben.

Entscheidung durch das Gericht

Dass sich die Entscheidung zu Iberogast so lange hinauszögert, ärgert Kordula Schulz-Asche. Sie fordert, „dass auch im Falle von Warnhinweisen in Packungsbeilagen keine aufschiebende Wirkung entsteht, wenn ein Unternehmen gegen die Auflagen des BfArM klagt.“ Im aktuellen Fall wird das Verwaltungsgericht Köln eine Entscheidung fällen. Bis dahin müssen Patientinnen und Patienten ohne Warnhinweis auskommen und hoffen, dass der Arzt oder Apotheker von den Risiken weiß.