Passanten gehen zum Eingang des Corona Impfzentrums. Bei der Interpretation von Impfquoten-Daten gibt es laut Robert Koch-Institut (RKI) eine "gewisse Untersicherheit".
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Bei der Interpretation von Impfquoten-Daten gibt es laut Robert Koch-Institut (RKI) eine "gewisse Untersicherheit".

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Impfzahlen: RKI-Daten werfen Fragen auf

Impfzahlen: RKI-Daten werfen Fragen auf

Wie bringt man mehr Menschen dazu, sich impfen zu lassen? Wohl keine andere Debatte wird derzeit so emotional geführt. Doch vielleicht gibt es bereits mehr Erstgeimpfte als bislang gedacht. Das lassen zumindest jüngste Zahlen des RKI vermuten.

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Die Zahl 91,6 klingt zu schön, um wahr zu sein: 91,6 Prozent der Menschen in Deutschland seien impfwillig oder bereits geimpft. Damit wäre man im Bereich der Herdenimmunität und könnte mit Blick auf den Herbst entspannt bleiben. Diese hohe Impfbereitschaft vermeldet das Robert Koch-Institut im 6. COVIMO-Report vom 10. August 2021. Darin enthalten sind Daten aus dem Erfassungszeitraum 28. Juni bis 13. Juli.

Die positiven Nachrichten gehen sogar weiter: Bei der im Moment im Fokus der Impfkampagne stehenden Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen gaben in der telefonischen Befragung COVIMO (Covid-19 Impfquoten-Monitoring) 79 Prozent an, ihre erste Impfung bereits erhalten zu haben, im digitalen Meldesystem DIM (Digitales Impfquoten-Monitoring) waren es nur 59 Prozent.

Gefahr sozial erwünschten Antwortverhaltens

Werden also die Impfquoten in Deutschland unterschätzt? Gibt es vielleicht schon längst viel mehr Menschen, die sich zumindest einmal haben impfen lassen? Sind die leeren Impfzentren und weggeworfene Impfdosen eher ein Hinweis darauf, dass mehr Menschen bereits den Impf-Piks hinter sich haben?

Fragen, die nur das RKI beantworten kann. Und einige Antworten liefert es tatsächlich: Es könnte sein, dass bei einer telefonischen Befragung mit 1.005 zufällig ausgewählte Personen generell mehr Impfbefürworter teilnehmen als Impfgegner. Und: Wer am Telefon befragt wird, antwortet vielleicht auch eher im Sinne des von ihm erwarteten: "Ja, ich bin bereit, mich impfen zu lassen."

Diskrepanz nur bei Zahlen der Erstimpfung

Die Befragung richtet sich ausschließlich an Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit ausreichenden Deutschkenntnissen. Somit ist die Umfrage nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Diese beiden Argumente – eher Impfbefürworter zu fragen und Menschen ohne Sprachbarrieren – könnte zu einer Überschätzung der Impfquote führen.

Sie erklärt aber nicht, warum die Diskrepanz in den Zahlen nur bei der Erstimpfung zu finden ist, nicht aber bei den Zweitimpfungen. Und sie erklärt auch nicht, warum es nur in diesem 6. Report so gravierende Unterschiede gibt, nicht aber in den fünf Erhebungen vorher.

Johnson & Johnson: schwieriger Kandidat bei Datenerfassung

Forscht man weiter nach Gründen für die unterschiedlichen Zahlenangaben, führt das RKI die Impfungen mit dem Johnson & Johnson-Impfstoff als mögliche Ursache an. Bei diesem Impfstoff ist im Unterschied zu den anderen Herstellern nur eine Dosis für den vollen Schutz vorgesehen ist.

Vertragsärzte meldeten diese Immunisierungen ausschließlich als zweite Impfdosen, zudem sei keine Zuordnung von Impfstoff und Altersgruppe möglich, erläutert das RKI. In den DIM-Daten findet sich mittlerweile ein Hinweis, dass die nach Altersgruppe aufgeschlüsselten Impfquoten der mindestens einmal geimpften Erwachsenen "systematisch zu niedrig ausgewiesen" werden.

Zur Erklärung: Privatarztpraxen melden dem RKI über ein Meldetool der Privatärztlichen Abrechnungsstellen Daten, bei denen Impfstoff und die drei Altersgruppen (unter 18, 18 bis 59, über 60) verknüpft werden können. In diesem Datensatz ist J&J als Erstimpfung enthalten.

Impf-Meldungen der Betriebsärzte stehen aus

Ein weiterer möglicher Grund einer Untererfassung sind die Meldungen der Betriebsärzte, so das RKI. Diese nutzen wohl erst zur Hälfte das digitale Meldesystem DIM. Das tun sie allerdings nicht erst seit Juli. Alle Meldungen des Impfquoten-Monitorings wurden mit Datenstand des 4. August ausgewertet. Das schließt alle Nachmeldungen bis dahin ein, also auch Impfungen, die durch Betriebsärzte ab Juni durchgeführt wurden.

Damit kann der Unterschied in der Untererfassung nicht aus zeitlichen Verzögerungen resultieren, mit denen Impfzahlen an das RKI geliefert werden, beispielsweise bei mobilen Impfteams, Betriebsärzten oder den zeitversetzten Meldungen der einzelnen Bundesländer.

Offene Fragen bei den Erhebungen des RKI

Die letzte telefonische COVIMO-Datenerhebung von Mitte Juli fand vor der anstehenden Ferienzeit statt. Führte dies vielleicht zu mehr Impfbereitschaft und der Hoffnung mit der Erstimpfung wenigstens ein wenig im Urlaub vor Covid-19 geschützt zu sein?

Hier antwortet das RKI auf Nachfrage: "In den DIM-Daten sehen wir bis zur KW23 (Anfang Juni) einen deutlichen Anstieg und danach Rückgang der Zahl der wöchentlich durchgeführten Impfungen - das könnte mit der Ferienzeit zusammenhängen, erklärt aber nicht die Diskrepanz zwischen den Impfquoten COVIMO/DIM." Und weiter: "Wir haben aus COVIMO keine Daten dazu, ob Personen sich wegen der bevorstehenden Ferienzeit vermehrt impfen lassen wollten."

Lassen sich vermehrt Studierende vor Wintersemester impfen?

Auch im Hinblick auf das kommende Wintersemester, das wieder in Teilen in Präsenz stattfinden soll, wäre es denkbar, dass Studentinnen und Studenten sich bei der Befragung für eine Impfung ausgesprochen haben. Diese spezifischen Daten werden vom RKI aber ebenfalls nicht erhoben.

Während der regelmäßigen Datenerhebungen von COVIMO werden kontinuierlich weiter Menschen in Deutschland geimpft. Daher steigt mit der Zeit auch die Wahrscheinlichkeit, dass geimpfte Personen für die Befragung ausgewählt werden. Diese Tatsache erklärt aber ebenfalls nicht die Diskrepanz zwischen den digital erhobenen Impfquoten (DIM) und denen per telefonischer Befragung (COVIMO).

Intensivmediziner fordern neue Umfrage zu genauen Impfzahlen

Somit kann über die Ursachen derzeit wohl nur spekuliert werden. Für das RKI liegt die Impfquote unter Berücksichtigung von Untererfassungen, die laut RKI "in Meldesystemen generell nicht unüblich" seien, irgendwo zwischen 59 und 79 Prozent.

Das RKI geht weiterhin davon aus, dass die Impfquoten das Geschehen sehr zuverlässig abbilden. Nichtsdestotrotz fordern Intensivmediziner von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), schnell eine neue, unabhängige und repräsentative Umfrage. Denn sollten die Impfquoten tatsächlich höher sein, als im DIM angegeben, könnten wir gelassener auf den Herbst schauen.

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