Kreaturen mit außergewöhnlichen Eigenschaften, die sich für abstruse Vergleiche oder fiktive Wettkämpfe anbieten, gibt es im Tierreich zuhauf. Ob der schnellste tierische Sprinter der Welt, das schwerste Tier, das es jemals auf der Erde gegeben hat, oder das größte wirbellose Tier der Ozeane – jeder hat einen anderen Favoriten. An Schwämme oder Quallen würde man dabei wohl nicht gleich denken.
Schwamm oder Rippenqualle – wer macht das Rennen?
Doch falsch gedacht, denn jetzt geht der Kampf um den Titel „Das erste Tier der Welt“, bei dem Schwämme und Rippenquallen ganz vorne mitmischen, in eine neue Runde: Ein Team des Trinity College Dublin kommt nun zu dem Schluss: Anders als zuletzt angenommen waren die ersten Tiere der Welt wohl doch die Schwämme.
Rippenquallen sind durchaus komplexe Wesen
Wie bereits angedeutet, ganz so einfach ist das Ganze nicht. Auf der Suche nach den ersten Tieren war die Forschung zuletzt auf die sogenannten Rippenquallen gestoßen. Rippenquallen sind keine Tierart, sondern ein eigener Stamm des Tierreichs. Ein Forscherteam um Casey Dunn von der Brown University war 2008 in einer Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass die glibberigen Gewebetiere unsere entferntesten tierischen Verwandten sind.
Und das, obwohl Rippenquallen für ein potenzielles Urwesen durchaus schon komplexe Organismen darstellen: Sie verfügen über ein Nervensystem und Muskeln, um beispielsweise Beute aufzuspüren und zu fangen, und über einen durchgehenden Darm, um sie zu verdauen.
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Nichtsdestotrotz zeichneten die Forscher zwei mögliche Szenarien als Begründung für die erstaunliche Komplexität der Rippenquallen nach: Sie hätten ihre besonderen Eigenschaften unabhängig von anderen Tieren entwickelt, nachdem sie sich auf einen separaten evolutionären Pfad begeben hatten. Oder: Der Schwamm habe seine einfachere Grundstruktur wiederum aus einem komplexeren Lebewesen heraus entwickelt – er hätte sich also gewissermaßen zurückentwickelt. Eine Möglichkeit, die die Tatsache unterstreicht, dass Evolution nicht unbedingt auch zu höherer Komplexität bei Organismen führen muss.
Neue Ergebnisse gehen vom Schwamm aus
Nun haben die Forscher vom Trinity College Dublin diese These erneut hinterfragt und sind zu folgendem Ergebnis gekommen: Verbesserte Analysen deuten doch auf Schwämme als unsere entferntesten tierischen Verwandten hin. Das wiederum würde zeigen, dass unter anderem unsere Muskeln sowie unser Nerven- und Verdauungssystem einen gemeinsamen tierischen Ursprung haben.
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Neue Analysemethode verspricht höhere Genauigkeit
Um der Debatte eine weitere Pointe hinzuzufügen, entwickelte das Forscherteam einen neuen Ansatz bei der Analyse der Aminosäuresequenzen, aus denen die Proteine eines Tieres bestehen. Dabei weise die Methode eine besonders hohe Genauigkeit auf, durch welche die Vielfalt "versteckter" evolutionärer Substitutionsvorgänge miteinbezogen werden könne. Ein Aspekt, der bisher nicht zur Genüge beachtet wurde, so Aoife McLysaght, Professor für Genetik am Trinity College.
Erkenntnisse für die Biodiversitätsforschung
Erkenntnisse aus solchen Studien sind entscheidend für ein verbessertes Verständnis der menschlichen Evolution und sie versprechen durchaus auch Anschlussmöglichkeiten zu anderen Bereichen wie der Biodiversitätsforschung. Doch das letzte Wort zum Thema ist sicher noch nicht gesprochen. Nach jahrelangen Diskussionen wäre es wohl eher ein schlechter Aprilscherz, sollten die wissenschaftlichen Debatten rund um Schwamm und Rippenqualle jetzt vollends verstummen.
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