Wenn jemand gesund alt wird, heißt es oft: Der oder die hat "gute Gene". Das ist wohl nur zum Teil richtig. Denn eine jetzt erschienene Studie (externer Link) kommt zu einem anderen Ergebnis. Demnach spielen äußere Faktoren fürs gesunde Altern und ein langes Leben eine viel größere Rolle als die Erbanlagen. Überraschend an der Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Cornelia van Duijn, Professorin für Epidemiologie an der Universität Oxford, England, ist, wie groß dieser Einfluss von Umweltfaktoren auf unsere Lebenserwartung ist. Das heißt aber auch: Ob wir gesund und lange leben, haben wir größtenteils selbst in der Hand.
Sterberisiko: 17 Prozent äußere Faktoren, knapp zwei Prozent Gene
Für ihre Untersuchung haben die Forschenden rund 500.000 Datensätze aus der "UK Biobank", einer aus Blutproben und persönlichen Daten wie Alters-, Sterbe- und Krankheitsangaben bestehenden Datenbank, ausgewertet und anschließend miteinander verglichen. Die Studie sei damit eine der größten in diesem Forschungsbereich, sagt Cornelia van Duijn im BR-Interview.
Bei der Analyse der Daten führten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 17 Prozent des Risikos, früh zu sterben, auf äußere Faktoren zurück. Der Einfluss der Gene auf das Sterberisiko lag laut ihrer Analyse hingegen nur bei knapp zwei Prozent.
Rauchen verkürzt die Lebensdauer am häufigsten
Der größte entscheidende Faktor für einen frühen Tod ist laut Forschenden das Rauchen. Das Team um van Duijn brachte damit 21 von 25 näher untersuchten Krankheiten in Verbindung. Aber auch wenig Bewegung (17 Krankheiten), weniger als sieben Stunden Schlaf pro Nacht, und ob man allein oder in einer Partnerschaft lebt, haben negative Auswirkungen auf die Gesundheit.
Für die Lebensdauer ebenfalls ausschlaggebend: die finanziellen Möglichkeiten, wie etwa der Beschäftigungsstatus, das Einkommen und die Größe der Wohnung. Mit ihnen brachten die Forscher 19 Krankheiten in Verbindung und damit fast so viele wie durchs Rauchen. "Die Lebensumstände, der sozioökonomische Status, die Finanzen, sie bestimmen größtenteils, wie lange du lebst", bestätigt auch die leitende Autorin der Studie, Cornelia van Duijn.
Ausnahme: Brustkrebs und Demenz sind oft genetisch bedingt
Bei zwei Erkrankungen allerdings konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dann doch die Erbanlagen als überwiegende Ursache ausmachen: bei Brustkrebs und bei Demenz. Das bestätigt auch Björn Schumacher, Leiter des Instituts für Genomstabilität in Alterung und Erkrankung an der Universität Köln. "Bei Brustkrebs, da ist das klar, da gibt es genetische Faktoren". Und auch bei Demenz sehe man, "dass genetische Faktoren da wichtig sind", sagt er.
Die Gene spielen bei diesen Krankheiten also eine Rolle. Aber eine genetische Veranlagung für eine bestimmte Krankheit zu haben, heiße nicht, dass man diese auch automatisch bekomme, betont der Wissenschaftler.
Ergebnisse: "Starkes Signal, um mehr über Prävention von Krankheiten nachzudenken"
Weil wir das Erkrankungsrisiko für bestimmte Krankheiten, wie zum Beispiel Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, besonders durch unser Verhalten reduzieren können, seien die Studienergebnisse "ein starkes Signal, dass wir anfangen müssen, mehr über die Prävention von Krankheiten nachzudenken", appelliert die niederländische Forscherin van Duijn.
Damit das gelingt, ist aber nicht nur jeder Einzelne gefordert. Es ist auch eine gesellschaftliche Aufgabe. Denn letztlich ist Gesundheit auch eine soziale Frage: Wer über mehr Bildung und damit meist über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, kann schließlich gesünder – und dadurch meist auch länger – leben. Diese Erkenntnis wird ebenfalls durch die Studie untermauert.
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