Liegendes krankes Kind
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Wenn Kinder mehr als ein paar Tage wirklich krank sind, könnte eine Infektion mit Mykoplasmen die Ursache sein.

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Ärzte in Sorge: Gefährliche Lungenentzündung durch Mykoplasmen

Ärzte in Sorge: Gefährliche Lungenentzündung durch Mykoplasmen

Der Herbst ist da und wie jedes Jahr verbreiten sich Erkältungen und grippale Infekte. Sorgen bereitet Ärztinnen und Ärzten eine spezielle Lungenentzündung, ausgelöst durch Mykoplasmen. Diese Bakterien können schwer krank machen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

In den letzten Jahren traten von Mykoplasmen ausgelöste Lungenentzündungen eher selten auf. In diesem Jahr melden Ärztinnen und Ärzte stark erhöhte Zahlen, sagt der Virologe Rolf Kaiser vom Clinical Virology Network, das deutschlandweit Daten über die Ausbreitung von Infektionskrankheiten erhebt.

Mycoplasma pneunomiae ist schwer zu erkennen

Auslöser der sogenannten atypischen Pneunomie sind Mykoplasmen (Mycoplasma pneunomiae). Das sind Bakterien, denen eine Zellwand fehlt. Da die üblichen Antibiotika die Krankheitserreger genau an dieser Zellwand angreifen, muss die atypische Lungenentzündung mit speziellen Antibiotika behandelt werden.

Bei einer typischen Lungenentzündung oder Pneumonie sind die Symptome unter anderem hohes Fieber, Schüttelfrost und starker Husten. Meist sind Bakterien wie Pneumokokken die Auslöser.

Bei der atypischen Lungenentzündung durch Mykoplasmen ist der Verlauf dagegen viel langsamer. Die ersten Symptome sind leichtes Fieber, trockener Husten und Kopfschmerzen. Weil diese Symptome auch durch andere Krankheiten ausgelöst werden können, wird die atypische Pneumonie manchmal nicht sofort erkannt.

Vor allem Kinder sind betroffen

Bei Kindern und Jugendlichen war die atypische Lungenentzündung durch Mycoplasma pneunomiae bisher eine eher mild verlaufende Erkrankung. Und sie war nicht sehr häufig, sagt die Münchner Kinderärztin Dilek Önaldi-Gildein.

Doch seit dem Frühsommer 2024 kommen in ihre Praxis gehäuft Kinder und Jugendliche, die sehr lange husten und teilweise länger als eine Woche Fieber haben. Das sei in diesem Alter ungewöhnlich, sagt Önaldi-Gildein. In den meisten Fällen konnte sie Mykoplasmen als Erreger nachweisen.

Dem Kölner Virologen Rolf Kaiser ist es wichtig, die Eltern zu ermutigen: Sie sollten unbedingt zum Arzt gehen, wenn ihre Kinder länger als ein paar Tage wirklich krank sind. Ohne Behandlung kann die Krankheit bis zu vier Wochen dauern. Bei Behandlung mit den geeigneten Antibiotika tritt oft schon nach einer Woche eine spürbare Besserung ein.

Woher kommt die Mycoplasma pneunomiae-Welle?

Wissenschaftler haben in einem Artikel in der Fachzeitschrift "Lancet" festgestellt, dass Mycoplasma pneunomiae seit 2023 weltweit gehäuft auftritt. Das unterscheide die atypische Lungenentzündung von allen anderen Infektionskrankheiten, die nach der Covid-19-Pandemie zurückkamen.

Die Befürchtung der Lancet-Autoren: Durch die lange Abwesenheit der Krankheit hat die Herdenimmunität abgenommen. Das könne jetzt zu schweren Infektionen führen.

Die Entwicklung von Mycoplasma pneunomiae und anderen Krankheitserregern wird genau beobachtet. Ärzte und Ärztinnen haben sich dazu zu Netzwerken wie dem Clinical Virology Network zusammengeschlossen. Das Ziel: Frühzeitig zu erkennen, welche Krankheitswellen sich anbahnen, um rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Masken zu tragen sollte bei uns so selbstverständlich werden wie in Asien, sagt Rolf Kaiser.

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