Schon frühere Studien haben gezeigt, dass eine Übertragung von SARS-CoV-2 auf das ungeborene Kind möglich ist. Bislang war jedoch unklar, ob dies über die Plazenta, über den Gebärmutterhals oder die Umwelt erfolgte.
Schwangere positiv auf Covid-19 getestet
Daniele de Luca und seine Kollegen von den Universitätskliniken von Paris Saclay, im französischen Clamart, präsentierten am 14. Juli 2020 die Ergebnisse einer Fallstudie in Nature Communications, die darauf hinweist, dass eine Übertragung von SARS-Cov-2 über die Plazenta möglich ist. Eine junge Schwangere wurde mit Fieber und schwerem Husten ins Krankenhaus eingeliefert. Blutuntersuchungen und Abstriche aus dem Nasen-Rachen-Raum und Vaginalabstriche bestätigten SARS-CoV-2-Gene für die Virushülle und das Spike-Protein, an der der ACE2-Rezeptor andockt, der als Auslöser für Covid-19 gilt.
Neugeborenes eindeutig mit Coronavirus infiziert
Nasen-Rachen-Abstriche und Proben am Enddarm des Kindes, die eine Stunde nach der Kaiserschnitt-Entbindung und drei und 18 Tage später erneut am Baby vorgenommen wurden, zeigten ebenfalls beim Baby positive Ergebnisse auf die beiden Gene "E" und "S" (Virushülle bzw. Spike-Protein). Das Blut des Neugeborenen und eine Probe aus seinen Bronchien waren ebenfalls positiv.
Baby zeigt neurologische Symptome einer SARS-CoV-2-Infektion
Die Wissenschaftler beobachteten 24 Stunden nach der Geburt beim Baby ähnlich schwere neurologische Symptome und Hirnschwellungen wie bei einem erwachsenen Patienten, ausgelöst durch eine Entzündung der Gefäße. Der Studie zufolge wurde der Körper steif, das Baby extrem reizbar und es zeigte Schäden an der weißen Substanz im Hirn. Andere bakterielle oder virale Infektionen, die diese klinischen Symptome verursachen, wurden bei dem Baby ausgeschlossen. Das Neugeborene erholte sich laut der Studie innerhalb von drei Wochen aus eigener Kraft fast vollständig. Mutter und Kind konnten später gesund aus dem Krankenhaus entlassen werden.
Höchste Viruslast in der Plazenta nachgewiesen
De Luca und seine Kollegen konnten höhere Viruslasten in der Plazenta als im Fruchtwasser oder im mütterlichen Blut messen. Das deutet darauf hin, dass SARS-CoV-2 sich in Plazentazellen aktiv vervielfältigen kann und über die Nabelschnur beim Neugeborenen eine Virusinfektion im Blut auszulösen vermag. Dies stimmte auch mit dem Entzündungsgrad der Plazenta überein, die histologisch untersucht wurde. Da SARS-CoV-2 im Plazentagewebe sowie im Blut von Mutter und Kind nachgewiesen wurde, schließen die Autoren daraus, dass die Coronavirus-Übertragung höchstwahrscheinlich über die Plazenta erfolgte.
"Wir haben gezeigt, dass die Übertragung von der Mutter auf den Fötus über die Plazenta in den letzten Wochen der Schwangerschaft möglich ist." Studienleiter Daniele De Luca
Dennoch sollten Frauen nicht übermäßig beunruhigt sein, wenn sie an Covid-19 erkrankten. "Die gute Nachricht ist, dass es selten ist - sehr selten im Vergleich zur gesamten Weltbevölkerung", beruhigt de Luca. Wichtigste Regel für Schwangere sei daher immer noch, sich die Hände zu waschen und auf Abstandsregeln zu achten.
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