Bildrechte: pa/dpa/Hecker

Minzblattkäfer

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Schädlinge im heimischen Garten

Erst pflegen Hobby-Gärtner liebevoll Tomaten, Kürbisse und Blumen, dann kommt die böse Überraschung: gefräßige Schädlinge. Sie zerstören oft das, was mit liebevoller Arbeit lange gehegt wurde. Birgit Kraft berichtet von ihren Erfahrungen.

Über dieses Thema berichtet: Rucksackradio.

Der Waldgeißbart ist eine meiner Lieblingsstauden. Beeindruckende eineinhalb Meter hoch und trotzdem nicht übermächtig. Mit wunderschönen, cremeweißen Blütenrispen und frischgrünen Fiederblättern. Normalerweise. Jetzt ragen nämlich da, wo vorher die Blätter waren, nur noch Stängel und Blattadern in die Luft. Nur die Blütenstände schweben unversehrt, aber irgendwie verloren über den armseligen Blattskeletten. Frage also an die Spezialisten der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, wer oder was diese stolzen Riesen auf dem Gewissen hat.

 

"Wenn die Schäden relativ schnell entstehen und so massiv sind, dann würde ich auf Blattwespenlarven tippen. Diese treten meistens gesellig auf und richten innerhalb von kurzer Zeit Riesenschäden an. Sie fressen im Prinzip alles ab und lassen nur Blattadern stehen. Sie treten häufig in Massen auf. Meistens auf der Blattunterseite, wenn Sie rechtzeitig geschaut hätten, hätten Sie sie vielleicht absammeln können, wenn es ihnen nicht graust davor."
Gisela Westermeier, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf


Vorsicht deshalb bereits beim Kauf

 

Hätte ich mir den Geißbart im Mai nur einmal genauer angesehen, dann wären mir bestimmt die quietschgrünen raupenähnlichen Blattwespenlarven aufgefallen. Hätte, hätte, Fahrradkette, jetzt ist der Zug natürlich abgefahren. Und die Weichen für nächstes Jahr sind auch schon gestellt. Denn die Wespenlarven überwintern direkt vor Ort im Boden. Die nächste Invasion hungriger Blattvernichter ist damit schon vorprogrammiert. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, muss ich nächstes Jahr auf Raupenjagd gehen.

 

"Anfang, Mitte Mai, je nach Witterung, den Waldgeißbart regelmäßig überprüfen, vor allem auf den Blattunterseiten sitzen sie meistens im Schatten und fressen, und dann kann man sie relativ gut absammeln."
Gisela Westermeier, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

 

Schädlinge überall

 

Nicht viel besser als der Geißbart sieht das Salomonssiegel aus. Auch einer meiner Lieblinge, der leider nie richtig Fuß gefasst hat und seit Jahren aus einem einzigen mickrigen Trieb besteht. Und eben dieser eine Trieb ist heuer nur noch ein Schatten seiner selbst. Auch hier tippt Gisela Westermeier auf hungrige Blattwespenlarven und empfiehlt, die Tiere in Zukunft abzusammeln. Sorgenkind Nummer drei sind die Taglilien. Die wirken zwar äußerlich unversehrt und haben auch reichlich Blütenknospen angesetzt, aber die meisten Knospen sind nicht aufgegangen, sondern abgefallen.

 

"Wenn man so eine betroffene Blüte mal aufschneidet, dann findet man da drin sehr viele so ganz kleine, paar Millimeter große weißlich durchsichtige Raupen. Die saugen in der Blüte, die sich grade entwickelt und sorgen dafür, dass sich die Blüte nicht wirklich entfalten kann."
Gisela Westermeier, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

 

Bei den weißen Knospensaugern handelt es sich um die Larven der Hemerocallis-Gallmücke. Die kleinen Biester haben sich auf frühblühende Tagliliensorten spezialisiert.

 

"Da ist es genauso, dass die sich im Boden verpuppen und im nächsten Jahr halt wieder da sind. Deswegen ist es relativ wichtig, dass man in der Zeit, wo das vorkommt, alle ein, zwei Tage durch seinen Bestand geht und die befallenen Blüten ausbricht und die dann aber auch wirklich nur über den Restmüll entsorgt."
Gisela Westermeier, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

 

Löcher in der Pfefferminze

 

Hätte ich das mal schon vor drei Jahren so gemacht, dann wäre der Schaden heute längst nicht so groß. Aber ich war in Sachen Schädlingskontrolle arg nachlässig. Und deshalb traue ich mich jetzt fast nicht mehr, Gisela Westermeier nach den Löchern in der Minze zu fragen. Sie ist gnädig und meint, dass das ein Minzblattkäfer sei. Er ist hübsch anzusehen, metallisch glänzend, blaugrün schillernd, doch eben ein Schädling. Der Minzblattkäfer beweist, dass Kinder nicht immer nach ihren Eltern kommen. Der Käfernachwuchs ist nämlich braun und prall und erinnert unangenehm an Schnecken.

 

Schädlinge zum Nachschlagen

 

Um den Minzblattkäfer in Schach zu halten, klaubt man das Viechzeug ab oder spritzt es mit einem scharfen Wasserstrahl ins Nirwana, rät Thomas Lohrer, der Pflanzenschutzexperte der Fakultät Gartenbau an der Hochschule Weihenstephan. In der brandneuen Broschüre der Fakultät "123 Schadbilder an Pflanzen“ ist der Minzblattkäfer nicht aufgeführt, dafür aber 123 andere Gartenplagen. Eigentlich für Gartenbaustudenten gedacht, ermöglicht das bunte DIN-A5-Heft auch dem Laien einen interessanten Einblick in die schaurige Welt der Krankheiten und Schädlinge, aber es ist kein Nachschlagewerk.

 

"Für einen Hobbygärtner ist das Heft sicher interessant, um nachzuschauen, was es alles für Probleme und Problemchen im gärtnerischen Bereich geben kann. Die Fülle an Insekten, Milben und Pilzen. Wie die Symptome aussehen."
Thomas Lohrer, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

 

Bilderbuch mit Wiedererkennungswert und Gruselfaktor. Und beim Anblick von Wurzelkropf, Efeukrebs und Bellisrost bin ich direkt froh, dass in meinem Garten nur Blattwespen, Gallmücken und Minzblattkäfer wohnen.