Pflanzen können viel mehr, als bloß auf Trockenheit, Feuchtigkeit, Wind und Licht zu reagieren. Wilder Tabak kann auch riechen: Die Samenkörner der Pflanze aus dem staubtrockenen Süd-Westen der USA nehmen Präriefeuer und den Geruch von verbrannten Pflanzen wahr.
Erst wenn dieser Todeshauch in der Luft hängt, gehen die Samenkörner des Wilden Tabaks auf und die Pflanzen beginnen zu wachsen. Warum? Sind andere Pflanzen verbrannt, hat der Wilde Tabak weniger Konkurrenz und nutzt die Gunst der Stunde.
Tabak-Pflanze arbeitet mit Lockstoffen und Chemiekeule
Auch in Sachen Selbstverteidigung hat der Wilde Tabak ein paar Überraschungen parat. So kann die Pflanze beispielsweise Fressfeinde an ihrer Art zu Fressen und an der Zusammensetzung ihres Speichels erkennen. Für jeden produziert der Wilde Tabak dann einen individuellen Gift-Cocktail.
Am wirkungsvollsten ist natürlich das Nikotin. Doch die Natur macht es auch wehrhaften Pflanzen nicht leicht: Der Tabakschwärmer ist Freund und Feind gleichzeitig. Zwar bestäubt der Nachtfalter den Wilden Tabak besonders gut, tut dies aber mit Hintergedanken. Die Motte legt beim Nektar-Saugen ihre Eier auf der Pflanze ab. Daraus schlüpfen gefräßige Raupen, die immun gegen Nikotin sind.
Raubwanze gegen Raupe
Um den Raupen den Garaus zu machen, pumpt der Wilde Tabak Duftstoffe in die Luft, die eine räuberische Wanze anlocken. Diese hat Tabakschwärmer-Raupen zum Fressen gerne, sticht sie an und saugt sie aus. Sind zu wenig Raubwanzen in der Nähe, muss die Pflanze zu einer anderen List greifen: Der Wilde Tabak produziert dann Verdauungshemmer. Den Raupen liegt ihr Futter schwer im Magen.
Gleichzeitig zieht die Pflanze noch ihre Nährstoffe aus den Blättern ab und speichert sie im Stängel. So bleiben die Raupen lange klein und sind leichte Beute für Raubwanzen. Wenn auch das nicht als Gegenwehr reicht, fährt der Wilde Tabak schwerere Geschütze auf.
Kolibri statt Motte
Ist der Wilde Tabak schwer verwundet, verändert er den Duft seiner Blüten, schließt sie nachts und gibt insgesamt weniger Duftstoffe ab. So übersieht ihn der nachtaktive Tabakschwärmer und fliegt weiter. Zur Bestäubung tritt dann der Kolibri an. Er lässt sich tagsüber von den geöffneten Blüten der Pflanze anlocken.
Intelligent, oder? Nicht ganz. Dem Pflanzenphysiologen Rayko Halitschke vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie geht es "ein Schrittchen zu weit", Pflanzen intelligent zu nennen. Er spricht lieber von "komplexen Reaktionen" im Alltag einer Pflanze. Was den Wilden Tabak schlau macht, sind nämlich genetische Programme, die die Pflanze im Laufe der Evolution entwickelt hat, um zu überleben.