Sammy Venegas ist gerade damit beschäftigt, Walnüsse zu knacken. Der Doktorand am Lehrstuhl für Lebensmittelchemie der Friederich-Alexander-Universität in Erlangen braucht Vergleichsproben von echten Walnüssen, weil er herauszufinden möchte, ob in einer handelsüblichen Packung gemahlener Walnüsse tatsächlich nur hochwertige Walnüsse zu finden sind oder ob der Hersteller andere, billigere Nüsse dazu geschummelt hat.
Gemahlene Walnüsse mit Billigware versetzt
Der Wissenschaftler prüft die Proteinzusammensetzung in der Nuss-Rohware. Sind in der Probe andere Proteine enthalten als in der Vergleichsprobe mit den reinen Walnüssen? Wenn ja, dann sind tatsächlich andere Nüsse mit im Spiel. An Venegas Rechner ist der Unterschied zwischen den "echten" Walnüssen und der vermeintlichen "Walnuss-Rohmasse" deutlich zu erkennen: Die Walnuss-Proteine werden am Computer blau dargestellt, alle anderen Proteine erscheinen gelb – und bei der untersuchten Packung gemahlener Walnüsse erscheinen viele gelbe Punkte auf dem Monitor.
Molekularer Fingerabdruck entlarvt Verfälscher
Professorin Monika Pischetsrieder leitet den Lehrstuhl für Lebensmittelchemie in Erlangen. Sie beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit dem Thema Lebensmittelsicherheit. Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern versucht sie, Methoden zu entwickeln, die helfen können, Verfälschungen bei Lebensmitteln zu entlarven.
Meist betrachten die Forscher dabei die komplexen Inhaltsstoffe eines Lebensmittels. Diese ergeben zusammengenommen ein individuelles, unverwechselbares Profil – einen sogenannten molekularen Fingerabdruck. Mit dem können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jedes Nahrungsmittel und seine Zusammensetzung ganz genau bestimmen. Sie erkennen sofort, wenn ein Lebensmittel etwas enthält, was nicht hineingehört. "Die Verfälscher sind ja oft sehr findig", erklärt Pischetsrieder. "Deshalb müssen wir versuchen, ihnen immer einen Schritt voraus zu sein."
Lebensmittel-Verfälschungen können lebensbedrohlich sein
Mithilfe des molekularen Fingerabdrucks können die Forscher um Monika Pischetsrieder unter anderem genau bestimmen, ob in einem teuren Schafsmilch-Produkt wirklich ausschließlich Schafsmilch enthalten ist. Oder hat der Erzeuger vielleicht doch billigere Kuhmilch beigemischt? Die Wissenschaftler können aus einer Milch- oder Käseprobe auch genau erkennen, ob eine Kuh auf der Weide Gras und Kräutern gefressen oder ausschließlich Kraftfutter bekommen hat. Diese Art der Forschung soll helfen, Lebensmittel sicherer zu machen. Denn für Menschen mit Lebensmittel-Unverträglichkeiten oder Allergien kann es lebensbedrohlich sein, wenn die Inhaltsstoffe in einem Nahrungsmittel falsch deklariert sind.
Methoden helfen Kontrolleuren und Herstellern
Die Forscherinnen und Forscher am Lehrstuhl für Lebensmittelchemie gehen allerdings nicht selbst auf Jagd nach Nahrungsmittel-Verfälschern. Sie entwickeln die Prüfmethoden und stellen diese dann Lebensmittel-Kontrolleuren zur Verfügung. Auch Hersteller von Nahrungsmitteln können von den Forschungsergebnissen aus Erlangen profitieren. Denn sie investieren oft viel Geld in vermeintlich hochwertige Rohware. Durch Prüfungen der Inhaltsstoffe können sie sicherstellen, dass sie wirklich die Qualität geliefert bekommen, für die sie auch bezahlt haben.
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