Eine Amsel auf einem Ast.
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Amseln und andere Singvögel werden durch das Usutu-Virus bedroht.

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Vogelsterben in Bayern: Usutu-Virus lässt Amseln verenden

Vogelsterben in Bayern: Usutu-Virus lässt Amseln verenden

In Deutschland sterben heuer wieder viele Vögel - vor allem Amseln - am Usutu-Virus. Auch die Zahlen in Bayern sind gestiegen. Was über das Virus bekannt ist und warum die Hilfe jedes Einzelnen gefragt ist.

In Deutschland scheint das Usutu-Virus (USUV), das durch Stechmücken übertragen wird, zurzeit wieder sehr aktiv zu sein. Singvögel, vor allem Amseln, werden infiziert und verenden. Für die Wissenschaft ist es wichtig, die Ausbreitung des Virus beobachten, dokumentieren und wissenschaftlich auswerten zu können. Dabei ist sie auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen.

Was soll ich tun, wenn ich eine tote Amsel finde?

Für Deutschland ist der zentrale Ansprechpartner das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) (externer Link) in Hamburg. Dorthin kann man tote Vögel schicken, die dann auf das Virus hin untersucht werden. Was man dabei beachten muss, erfahren Sie auf der Webseite des Instituts (externer Link). Täglich treffen aus dem gesamten Bundesgebiet zahlreiche Päckchen mit verendeten Vögeln ein - rund 200 Einsendungen bisher. Das sind rund doppelt so viele wie im gesamten Jahr zuvor. Noch konnten nicht alle Tiere untersucht werden, aber rund 25 Prozent der bereits getesteten Vögel waren mit dem Virus infiziert.

Auch dem Naturschutzbund NABU (externer Link) kann man via Formular (externer Link) Informationen zu verendeten Vögeln samt Fotos zusenden. Auch hier sind es bis jetzt doppelt so viele Fälle wie im gesamten Jahr 2023. Der NABU-Vogelschutz-Referent Marco Sommerfeld geht davon aus, dass diese Zahlen erst der Anfang sind und sie weiter deutlich ansteigen werden.

Fälle von USUV sind in Bayern heuer gestiegen

Die meisten Fälle werden derzeit in Niedersachsen (4.777 tote und 2.149 kranke Vögel) und Schleswig-Holstein (2.841 tote und 1.127 kranke Amseln) verzeichnet (stand 28. August). Auch die Zahlen in Bayern sind im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Insgesamt wurden bisher 531 tote und 344 Amseln gemeldet (2023 waren es 106 tote und 109 kranke Vögel). Die meisten Todesfälle werden oft in neuen Ausbruchsgebieten verzeichnet, in denen das Usutu-Virus bisher nicht endemisch war. Trotz hoher Zahlen sei das USUV jedoch nicht bestandsgefährdend, so Bernhardt vom LBV: "Wir gehen davon aus, dass mit dem Aufbau einer individuellen Immunität in der Population wieder eine Bestandserholung einsetzt." In Bayern können Bürger und Bürgerinnen dem LBV kranke oder tote Vögel online melden (externer Link).

Was ist das Usutu-Virus und wo kommt es her?

2010 wurde das Usutu-Virus erstmals in Deutschland nachgewiesen. Seitdem kam es in einigen Jahren immer wieder zu einem Massensterben. Das Usutu-Virus kommt ursprünglich aus Afrika, benannt wurde es nach dem Usutu-Fluss im Königreich Eswatini. Es ist mit dem Japanischen Enzephalitis- und dem West-Nil-Virus verwandt und wird von Stechmücken übertragen.

Wie verbreitet sich das Usutu-Virus?

Wildvögel sind der natürliche Wirt für das Usutu-Virus. Hierzulande sind vor allem Amseln betroffen, aber auch Bartkäuze, Blaumeisen, Haussperlinge, Kohlmeisen, Singdrosseln und Kleiber.

💬 BR24-User "Jou" hat in den Kommentaren gefragt, wie das Virus übertragen wird. Das Team von "Dein Argument" hat ergänzt:

Das Virus wird über Stechmücken (Culex-Arten) übertragen, die bevorzugt an Vögeln Blut saugen. Über die Nahrung wird das Virus eher nicht übertragen, denn Amseln zum Beispiel fressen im Normalfall keine Mücken. Auch eine Ansteckung untereinander findet nicht statt. Deshalb sei das Usutu-Virus auch nicht so katastrophal wie etwa die Vogelgrippe, meint der Biologe Torben Langer vom LBV. In den kälteren Jahreszeiten, wenn die Mückensaison vorbei ist, flaut auch die Infektionsrate mit dem USUV ab. 💬

Welche Symptome zeigen erkrankte Vögel?

Bei den meisten Erkrankungen zeigen die Vögel überhaupt keine Symptome. Doch Amseln und Bartkäuze scheinen besonders empfindlich zu sein, was das Usutu-Virus betrifft. Zu Beginn der Infektion wird das Gefieder im Bereich des Kopfes und Halses struppig. Oft verfärbt es sich an diesen Stellen auch weiß, manchmal fällt es dort ganz aus.

Schreitet die Erkrankung fort, führt das Usutu-Virus zu Störungen im zentralen Nervensystem, die Vögel beginnen zu taumeln oder verdrehen unnatürlich den Kopf. Sie werden apathisch, sitzen beispielsweise ungeschützt mitten auf einer Wiese. Innerhalb von wenigen Tagen verenden die Vögel.

Ist das Usutu-Virus auch für den Menschen gefährlich?

Der Mensch ist grundsätzlich kein natürlicher Wirt für das Virus. Dennoch kann es über Stechmücken theoretisch auf den menschlichen Organismus übertragen werden. Das ist aber nur für Menschen gefährlich, deren Immunsystem geschwächt ist. Bislang sind nur wenige Erkrankungen bei Menschen bekannt geworden. Sie bekommen beispielsweise Hautausschläge oder Symptome wie Fieber oder Kopfschmerzen. An toten oder erkrankten Vögeln kann man sich nicht anstecken, dennoch ist es nicht ratsam, Vogelkadaver mit bloßen Händen anzufassen.

Welche Rolle spielt der Klimawandel?

Grundsätzlich ist das Usutu-Virus, beziehungsweise die Stechmücke, die es überträgt, auf warmes Klima angewiesen: "Die Klimakrise begünstigt sowohl das Virus selbst als auch die Entwicklung der Stechmücken, die es übertragen, sagt Stefanie Bernhardt vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) (externer Link). Auch andere tropische Krankheiten, die durch Stechmücken übertragen werden, finden sich in den letzten Jahren häufiger auch in Deutschland.

Dieser Artikel ist erstmals am 26. August auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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