Waldrapp
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Das Waldrapp-Weibchen "Sonic" hat erstmals den Weg von der Toskana nach Überlingen geschafft.

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Waldrapp kehrt erstmals von der Toskana nach Überlingen zurück

2017 flog das Waldrapp-Weibchen "Sonic" noch mit menschlicher Leitung in die Toskana, nun die Überraschung: Der Vogel hat diesen Sommer als erster wildlebender Waldrapp seit 400 Jahren den Weg über die Alpen nach Überlingen alleine gefunden.

Zugvögel von Hand aufziehen und ihnen mit Ultraleichtflugzeugen den Weg in die Toskana weisen? Es klingt schon abenteuerlich, was das "Projekt Waldrappteam" seit 2007 umsetzt. Seit dem Frühjahr 2013 hatte sich der weltweite Bestand freilebender Waldrappe, die noch ihr Zugverhalten ausüben, auf ein einziges Tier im Nahen Osten reduziert. Damit war der Waldrapp als Zugvogel quasi ausgestorben.

Die Idee des Projekts, das von der EU gefördert wird: Die Vögel zunächst von Hand aufziehen, ihnen den Zug über die Alpen beibringen und hoffen, dass die Altvögel den Jungvögeln den Vogelzug lehren.

Waldrappe erfüllen die Erwartungen

Weniger als zehn Jahre später ist klar: das Vogelschutzprojekt ist ein Erfolg. Zuchtstationen und Brutkolonien wurden in Burghausen in Bayern, in Kuchl im Salzburger Land und Überlingen am Bodensee angelegt. 2011 kamen die ersten Vögel eigenständig ins Brutgebiet nach Bayern zurück und erstmals wurde auch ein Jungvogel von einem erfahrenen Artgenossen von dort über die Alpen zurück in die Toskana geführt. Bis Ende 2019 sollen die frei lebenden Waldrappkolonien mindestens 120 Tiere zählen.

Erster Heimkehrer nach 400 Jahren zurück in Überlingen

Diesen Sommer nun eine weitere Erfolgsmeldung: Das Waldrapp-Weibchen "Sonic" überquerte die Alpen erstmals auf einer neuen Route, und zwar von der Toskana nach Überlingen am Bodensee.

"Sie ist eine Wegbereiterin und das gibt uns einen guten Grund für Optimismus, auch das dritte Brutgebiet hier in Überlingen zu gründen." Johannes Fritz, Projektleiter und Gründer des Waldrappteams

Waldrapp entwickelt von selbst neue Flugroute

Die Flugroute von Zugvögeln ist bei Wildvögeln variabel und abhängig von Wetter und Thermik. Darum ist es für Wildvögel normal, dass sie die Alpen auf verschiedenen Wegen überqueren. Ob die Waldrappe aber, die den Weg ja nur von Menschen kennen, ebenfalls alternative Routen entwickeln würden, war nicht klar. Sonic beweise, es ist möglich, sagt Johannes Fritz, der gerade wieder eine Gruppe von 30 Jungvögeln mit Ultraleichtflugzeug nach Italien begleitet und schon die Poebene erreicht hat.

"Wir brauchen Methoden, um auch andere bedrohte Zugvögel wieder anzusiedeln. Sonic hat gezeigt, dass die Vögel von sich aus flexible Flugrouten entwickeln." Johannes Fritz, Projektleiter und Gründer des Waldrappteams

Frühreifes Waldrapp-Weibchen Sonic

Und das, obwohl Sonic noch gar nicht geschlechtsreif ist. Eigentlich fliegen die Vögel erst in ihr Brutgebiet, wenn sie alt genug dafür sind. Auch nach Burghausen ist diesen Sommer ein männlicher Vogel zurück gekehrt, der noch nicht geschlechtsreif ist.

"Die können so gut Erfahrungen sammeln für nächstes Jahr und sollten sich dann gut auskennen." Johannes Fritz, Projektleiter und Gründer des Waldrappteams

Waldrapp-Flug über die Alpen mit Umweg

Die Flugroute von Sonic kann man auf der Webseite und der App des Waldrappteams nachvollziehen. Demnach ist der Vogel zunächst auf kürzestem Weg von der Toskana nach Überlingen gestartet, in einer fast direkten Linie durch den Appenin und die Po-Ebene bis nach Südtirol. Südlich des Ortler-Massivs musste sie dann ihren Weg korrigieren und ist dann über die Schweiz an den Bodensee geflogen.

"Die suchen sich selbst den passenden Weg, jedes Jahr ist die optimale Route etwas unterschiedlich." Johannes Fritz, Projektleiter und Gründer des Waldrappteams

Waldrappe in Burghausen ziehen schon länger Jungvögel auf

In Burghausen gab es dieses Jahr sechs Brutpaare, die erfolgreich 16 Jungvögel groß gezogen haben. Einige pendeln mittlerweile schon zwischen Salzburg, Tarsdorf und Burghausen hin und her, berichtet Oliver Habel vom Burghausener Projektteam. Er geht davon aus, dass sie sich bald auf den Weg in den Süden aufmachen werden. Schon seit einigen Jahren brüten hier und in Kuchl die Rückkehrer völlig selbstständig, fliegen ohne menschliche Hilfe im Herbst in die Toskana und kommen im Frühjahr zurück.

Die Reise ist gefährlich, erst 2017 wurde ein Waldrapp abgeschossen, aber auch ungeschützte Hochspannungleitungen können für die großen Vögel lebensgefährlich sein.

Waldrapp mit seinem glänzenden schwarz-grünlichen Gefieder im Profil
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Das Waldrapp-Team begleitet Jungvögel mit Ultraleichtfliegern über die Alpen.