Selbstmordgefährdet sind die Tiere nicht. So viel vorneweg. Der Ambrosiakäfer oder auch Schwarze Nutzholzborkenkäfer (Xylosandrus germanus) hat einen guten Grund, sich ins Bier zu stürzen. Allerdings spielt ihm die Natur dabei einen Streich. Was diese Borkenkäfer-Art sucht, sind Bäume. Was er bekommt, ist Alkohol. Sie sehen keinen Zusammenhang? Der Käfer schon.
Bäume mit Duftmarke
Ambrosiakäfer bevorzugen als Behausung Stämme alter, absterbender Bäume. Diese produzieren Alkohol, um Schädlinge abzuwehren. Den Ambrosiakäfer hält das jedoch nicht ab, sondern es zieht ihn an: "Die Käfer riechen den Alkohol mit ihren Antennen und fliegen die absterbenden Bäume gezielt an", erklärt Peter Biedermann vom Biozentrum der Universität Würzburg. Im Frühjahr könne es deshalb leicht passieren, dass Ambrosiakäfer im Bier- oder Weinglas landen. "Die halten das Bierglas eigentlich für einen Baum."
Der Ambrosiapilz
Der Schwarze Nutzholzborkenkäfer wählt die Alkohol absondernden Bäume gezielt aus, weil er dort eine spezielle Pilzart züchten kann, den Ambrosiapilz. Diesen baut der Ambrosiakäfer in einem sogenannten Pilzgarten an. Der Ambrosiapilz ist im Gegensatz zu anderen Pilzarten und Mikroorganismen unempfindlich gegen das Zellgift Alkohol.
Für den Pilz wie für den Käfer hat das Vorteile: Der Ambrosiapilz hat in seiner Nische weniger Konkurrenz und der Ambrosiakäfer weniger Schädlinge in seinem Garten, dafür aber umso mehr Nahrung für seine Larven. Ambrosiapilzgärten gedeihen am besten bei einer Alkoholkonzentration von zwei Prozent, haben Forscher in einer aktuellen Studie herausgefunden. Einen Dauerrausch haben die Käfer nicht, denken die Forscher. Sie haben sich wahrscheinlich angepasst.
Eine eingeschleppte Borkenkäfer-Art
Der 2 bis 3 Millimeter lange Ambrosiakäfer ist eine eingeschleppte Art, ein sogenanntes Neozoon. Er befällt Nadel- und Laubbäume und kam in den 1930er-Jahren wahrscheinlich mit befallenem Holz aus Ostasien in die USA. In Deutschland wurde er erstmals 1952 nachgewiesen, im Raum Darmstadt. Der Ambrosiakäfer ist ein sogenannter Spätschwärmer, der von Mai bis Juli fliegt. Hat er sich in einen Baumstamm eingebohrt, hinterlässt er ein charakteristisches Bohrmehl: vom Stamm abstehende weiße Würstchen, die wie kleine Stacheln aussehen. Übrigens mag der Ambrosiakäfer nicht nur Bier, sondern auch Wein. Im Jahr 2003 wurde er in Europa erstmals an Weinreben entdeckt. In Franken.