Sie beißt in der Nase, krabbelt unter die Kleidung, schmerzt in Händen und Füßen: Kälte ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch gefährlich werden. Wer den Körper im Winter nicht ausreichend schützt, kommt um Frösteln, Gänsehaut und Zittern nicht herum. Denn die lästigen Begleiterscheinungen bei Minusgraden helfen dem Organismus, sich vor Unterkühlung zu schützen.
Warum frieren wir?
Unsere Haut misst mithilfe kleiner Sinneszellen, sogenannter Thermorezeptoren, ständig unsere Umgebungstemperatur. Als Warmblüter benötigt der Mensch eine konstante Körpertemperatur von etwa 37 Grad, damit der Stoffwechsel bestmöglich funktioniert. Messen die Kälterezeptoren eine beginnende Unterkühlung, senden sie Signale an das Temperaturzentrum im Hypothalamus, einer Drüse im Zwischenhirn, aus. Dieser leitet umgehend Sofortmaßnahmen im Körper ein, die wir als Frieren wahrnehmen: Damit nicht zu viel Wärme an der Hautoberfläche verloren geht, verengen sich die Blutgefäße der Haut. Gleichzeitig werden Füße, Hände, Ohren und Lippen weniger durchblutet, da der warme Blutstrom zu den überlebenswichtigen Organen in der Körpermitte wie Herz, Nieren, Leber und auch zum Gehirn umverteilt wird.
Menschen mit einem niedrigen Blutdruck frieren schneller, denn vom Herzen bis zu den Blutgefäßen in der Peripherie, etwa den Fingerspitzen, sinkt der Blutdruck naturgemäß ab. Ist der Blutdruck ohnehin niedriger, spürt man den fehlenden Fluss der roten Blutkörperchen schneller.
Warum zittern wir und bekommen eine Gänsehaut?
Nachdem durch das Frieren Wärme eingespart wird, versucht der Organismus im zweiten Schritt Wärme zu erzeugen. Da Wärme durch Bewegung entsteht, beginnen die Muskeln unwillkürlich einen schnellen Wechsel von Ruhe und Anspannung. Wir beginnen am ganzen Körper zu zittern bis hin zum Zähneklappern – ein Impuls, der willentlich nur für sehr kurze Zeit unterdrückt werden kann.
Gänsehaut bekommen wir, weil auch jene Muskeln angespannt werden, die wir an unseren Körperhaaren haben – ein Überbleibsel aus der Zeit unserer stark behaarten Vorfahren. Im aufgestellten Fell der Urmenschen wurde eine isolierende Luftschicht zwischen den Körperhaaren eingeschlossen, die vor Kälte schützte – ähnlich wie die der Vögel im aufgeplusterten Federkleid. Unsere Gänsehaut ist also das verbliebene Zeugnis einstiger Wärmeisolierung.
Frieren Frauen schneller als Männer?
Die Antwort lautet schlicht: tendenziell ja. Frauen frieren eher als Männer - aus mehreren Gründen. Zum einen haben Frauen eher einen niedrigeren Blutdruck als Männer, der sie schneller frieren lässt. Zum anderen verfügen Männer meist über einen höheren Muskelanteil im Körper. Die Muskeln produzieren Wärme und sorgen so dafür, dass es ihnen nicht so schnell kalt wird wie den Frauen. Und dann kommen noch die Hormone hinzu: Damit das Ungeborene im Falle einer möglichen Schwangerschaft in der Körpermitte bestmöglich geschützt ist, greift der Durchblutungs-Stopp für Arme und Beine bei Frauen eher als bei Männern. Die Folge: Frauen frieren schneller.
Der höhere Körperfettanteil von Frauen schützt hingegen nicht besser vor der Kälte. Denn das Fett sitzt eher in der Körpermitte und nicht an der Peripherie des Körpers, wo es zur Isolierung gebraucht würde. Hinzu kommt, dass viele Frauen ein ungünstigeres Verhältnis von Körperfläche zu -volumen haben. So wird ihre innere Wärme schneller über die Haut nach außen geleitet.
Frieren dünne Menschen schneller als dicke Menschen?
Fett ist nicht gleich Fett, es gibt unterschiedliche Arten von Fettgewebe. Braunes Fettgewebe kommt vor allem bei Säuglingen vor. Dieses schützt Babys vor Kälte, denn sie haben noch nicht genug Muskelgewebe, das durch Zittern Wärme produzieren könnte. Weißes Fettgewebe wird hingegen im Körper von Erwachsenen aufgebaut. Die Dicke des Unterhautfettgewebes ist dabei eine relevante Größe für das Kälteempfinden. Denn das Fettgewebe der Haut wirkt wie eine Isolierschicht, die wärmt. Dickere Menschen kommen deshalb im Winter meist mit weniger Bekleidung aus, dafür schwitzen sie im Sommer schneller als Dünne.
Friere ich wegen der Kälte – oder weil ich krank bin?
Wenn es kalt ist, frieren die Menschen – manche schneller als andere. Zittert man aber im mollig warmen Wohnzimmer, kann das auch einfach mit Müdigkeit zusammenhängen. Durch Schlafmangel wird das Stresshormon Adrenalin ausgeschüttet. Es sorgt dafür, das vor allem überlebenswichtige Organe durchblutet werden und weniger die Haut. So kühlt der Organismus ab, und Frösteln ist die Folge.
Schüttelfrost kann im Vorfeld eines grippalen Infekts auftreten. Nicht Kälte, sondern Fieber auslösende Bakterien, sogenannte Pyrogene, verursachen dann Muskelkontraktionen. Dadurch soll Wärme erzeugt werden, die die Bakterien oder Viren abwehren soll.
Auch ein Nährstoffmangel oder eine Unterfunktion der Schilddrüse können Abgeschlagenheit und Frösteln auslösen, denn ein Defizit von Eisen, Vitaminen oder Hormonen stören den Sauerstofftransport im Blut. Wer schließlich ständig mit kalten Füßen und Händen zu kämpfen hat, leidet unter Umständen an Durchblutungsstörungen. Neben dem meist harmlosen niedrigen Blutdruck kann das Kälteempfinden an den peripheren Körperstellen auch als Folge von Erkrankungen wie Diabetes oder Arteriosklerose auftreten.
Warm ums Herz mit Alkohol?
Alkoholische Getränke wie Glühwein oder gar Schnaps sind kein gutes Mittel gegen Unterkühlung – im Gegenteil. Zwar erweitert Alkohol die Blutgefäße in der Haut und fördert so die Durchblutung. Aber dies ist nur ein kurzfristiger Effekt. Die so entstehende Wärme wird rasch von der Haut an die Luft abgegeben. Wer warm werden will, sollte es deshalb eher mit heißem Tee versuchen. Durchblutungsfördernde Zutaten wie etwa Ingwer können für einen besseren Blutfluss und damit für mehr Wärme im Körper sorgen.
Frieren – wie kann ich vorbeugen?
Wechselduschen und Saunabesuche härten den Körper ab, da dies die Gefäße trainiert und die Durchblutung so verbessert. Auch Spaziergänge an der frischen Luft fördern den Aufbau von Muskelmasse und den Abbau von Stress – beides ein großes Plus gegen Dauerfrieren.
Dieser Artikel ist erstmals am 17.12.2022 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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