Australische Forscher haben Vogelsichtungen auf der ganzen Welt ausgewertet und hochgerechnet: Rund 50 Milliarden Vögel gibt es auf der Welt - auf jeden Menschen kommen also sechs Vögel. Klingt nach ganz schön vielen Piepmätzen. Die Wissenschaftler fanden jedoch auch heraus, dass sie sich sehr ungleich verteilen: Es gibt nur noch sehr wenige Vogelarten mit mehr als einer Milliarde Exemplaren. Die meisten Arten sind selten oder sogar sehr selten geworden. Zu den bekanntesten Vögeln zählt der Haussperling, auch bekannt als Spatz und auch bei uns zuhause. Doch selbst seine Bestände schrumpfen. Zu wissen, wie oft eine Art wo vorkommt, ist laut der Forscher wichtig, um rechtzeitig Maßnahmen zu ihrem Schutz ergreifen zu können.
Vier Vogelarten mit mehr als einer Milliarde Individuen - Spitzenreiter Spatz
Nach den Berechnungen des Teams um William Cornwell von der University of New South Wales in Sydney gibt es nur vier Vogelarten, von denen jeweils mehr als eine Milliarde Individuen existieren: Spitzenreiter ist der Haussperling oder Spatz (Passer domesticus) mit 1,6 Milliarden Exemplaren auf der Welt. Außerdem gibt es geschätzte 1,3 Milliarden Stare (Sturnus vulgaris), 1,2 Milliarden Ringschnabelmöwen (Larus delawarensis) und 1,1 Milliarden Rauchschwalben (Hirundo rustica).
Von jeder zehnten Vogelart gibt es weniger als 5.000 Vögel
Die Wissenschaftler fanden auch heraus, dass es von rund zwölf Prozent der Vogelarten jeweils nur noch weniger als 5.000 Tiere gibt - dazu zählen die extrem seltene Bernsteinseeschwalbe (Thalasseus bernsteini), der lange ausgestorben geglaubte Braunbauch-Dickichtvogel (Atrichornis clamosus) und die flugunfähige Trommelralle (Habroptila wallacii). Vom Laufhühnchen Turnix melanogaster gibt es wohl nur noch etwa 100 Exemplare auf der Welt.
Die seltensten Vogelfamilien: Kiwis und Stelzenrallen
Die Forscher wollten auch herausfinden, ob ein seltenes Vorkommen typisch für bestimmte Gruppen von Vögeln ist. Ein generelles Muster konnten sie nicht finden. Am seltensten waren Vögel aus den Familien der Kiwis, von denen es noch geschätzte 3.000 Tiere auf der Welt gibt, und der Stelzenrallen mit 154.000 Vögeln. Das Beziffern der Häufigkeit einer Art sei ein entscheidender erster Schritt für deren Erhaltung, schreiben die Forscher.
"Indem wir richtig zählen, was da draußen ist, lernen wir, welche Arten anfällig sein könnten, und können verfolgen, wie sich diese Muster im Laufe der Zeit ändern." Corey Callaghan, University of New South Wales
Würmer sind das beliebteste Vogelfutter
Die Wissenschaftler fanden jedoch nicht nur heraus, wie viele Vögel von wie vielen Arten es auf der Welt gibt, sondern auch, wovon diese sich ernähren: Weltweit fressen Vögel am liebsten wirbellose Tiere wie Würmer. Dies gilt laut der Wissenschaftler für geschätzte 15 Milliarden Vögel. 13 Milliarden Vögel sind Allesfresser. Weit seltener sind Vögel, die sich an Blütennektar laben - das sind wohl rund 479 Millionen Tiere. Am seltensten, mit 194 Millionen Exemplaren auf der Welt, sind Vögel, die Aas fressen.
Wissenschaftler nutzten auch Daten von Bürgerforschern
Für ihre Untersuchung kombinierte das Team um William Cornwell von der University of New South Wales in Sydney wissenschaftliche Erhebungen einzelner Arten in bestimmten Verbreitungsgebieten mit den Einträgen aus einer Internetdatenbank namens "eBird". Darin haben bereits rund 600.000 Bürgerwissenschaftler fast eine Milliarde Vogelsichtungen eingetragen.
Anhand der Forschungsdaten ermittelten die Wissenschaftler für 724 Arten, wie viele von ihnen geschätzt pro Flächeneinheit vorkommen. Den Wert glichen sie mit der Häufigkeit der Sichtung bei "eBird" ab. Außerdem berücksichtigten sie, wie oft eine Vogelart aufgrund ihres Aussehens und ihrer Lebensgewohnheiten wahrscheinlich von Menschen entdeckt wird: Vögel, die in der Nähe von Siedlungen brüten, werden häufiger gesichtet als diejenigen, die in entlegenen Gegenden vorkommen.
- Stunde der Wintervögel 2021: Das traurige Ergebnis der diesjährigen Winter-Vogelzählung
Weltweite Häufigkeit von 92 Prozent aller Vogelarten geschätzt
Daraus entwickelten die Forscher eine Schätzung für die globale Häufigkeit von 9.700 Vogelarten. Das sind etwa 92 Prozent aller bekannten Vogelarten. Die übrigen acht Prozent haben die Wissenschaftler aufgrund der unsicheren Datenlage nicht mit aufgenommen. Da es sich dabei jedoch durchweg um seltene Arten handele, würde ihre Zahl auch kaum zur Gesamtzahl der Vögel beitragen, erläutern die Forscher.
Vögel regelmäßig zählen, um sie zu schützen
Wie sich die Bestandszahlen entwickeln, könnte jeweils alle fünf bis zehn Jahre erfasst werden, schreiben die Forscher. "Wenn ihre Populationszahl sinkt, könnte dies eine echte Alarmglocke für die Gesundheit unseres Ökosystems sein", hebt William Cornwell hervor. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihre Methode auch für andere Tierarten angewendet werden könnte. Und sie plädieren dafür, dass sich möglichst viele interessierte Laien als Bürgerwissenschaftler betätigen, an Aktionen beteiligen und ihre Sichtungen melden.
"Es kann so einfach sein - wie nachzuschauen, ob Sie etwas aus dem Fenster sehen können, während Sie morgens Ihren Kaffee trinken." William Cornwell, University of New South Wales
"Darüber spricht Bayern": Der BR24-Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!