Im Münchner Alten Rathaus hat eine Gedenkveranstaltung anlässlich fünf Jahre Erinnerungszeichen stattgefunden. Unter den Rednern waren unter anderem Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch.
Erinnern an die ermordeten Münchner Urgroßeltern
Jamie Hall aus London war gerührt und lächelte, als er in der Münchner Innenstadt einen goldenen Würfel auf einer Stele anbrachte. Das Erinnerungszeichen zeigt die Gesichter und erzählt die Geschichte seiner in Auschwitz ermordeten Urgroßeltern Melitta und Max Wallach. Das Haus, an dem die Stele angebracht ist, war einst deren Geschäft, das Trachtenhaus Wallach. Für Jamie Hall ein besonderer Moment, die Stele am Haus der Vorfahren anzubringen, auch wenn sich der zur Zeit in Athen lebende Engländer immer etwas fremd vorkommt in München: "Es hat sich jetzt nicht grade wie Nachhausekommen angefühlt. Aber es war auf jeden Fall ein wichtiger Moment der Anerkennung, dass meine Familie hier existiert hat."
München: Stelen statt Stolpersteine
Anders als auf den Stolpersteinen in anderen deutschen Städten sind auf den Münchner Stelen die Gesichter und die Geschichten der Opfer auf einem goldenen Würfel zu sehen. Sie sind zudem - anders als Stolpersteine - an Gebäuden oder direkt davor auf Augenhöhe angebracht.
In seiner Rede sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), die Erinnerungszeichen brächten Namen und Gesichter dahin zurück, wo die Menschen, für die sie stehen, gelebt und gelitten hätten. Die Menschen in München würden diesen Erinnerungen mit Demut und Respekt, aber auch mit Schrecken begegnen. Es habe lange Auseinandersetzungen um das richtige Gedenken gegeben, sagte Reiter weiter, inklusive der Kontroverse um die Stolpersteine.
München war einst Heimat für die Ermordeten
Nach fünf Jahren mit den Erinnerungszeichen könne man aber sagen, dass die Stadt einen würdevollen Weg für das Gedenken gefunden habe. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München Charlotte Knobloch lobte die Erinnerungszeichen und sagte: "Das ohrenbetäubende Schweigen von damals darf nicht im Gedenken von heute weitergehen." Viele der Menschen, für die die Stelen aufgestellt wurden, lebten in der Gewissheit, geachtete Bürgerinnen und Bürger zu sein. München sei selbstverständlich ihre geliebte Heimat gewesen, "und über Nacht waren sie plötzlich Ausgeschlossene". "Heute ist ein ganz besonderer Tag", sagte Knobloch am Ende ihrer Rede.
Zusammen gingen die Teilnehmer nach der Veranstaltung zu einigen Häusern in der Münchner Innenstadt, an die neue Erinnerungszeichen angebracht wurden. Der Münchner Gemeinderabbiner sprach ein Gebet für die Ermordeten.
Erinnerungszeichen für alle ermordeten NS-Opfer
In München gibt es inzwischen über 200 Erinnerungszeichen an mehr als 80 Orten, die an jüdische Holocaust-Opfer erinnern, aber auch an andere Opfer des Nationalsozialismus, wie Sinti und Roma, Behinderte und Kranke, Homosexuelle, Zwangsarbeiter, Zeugen Jehovas und Menschen im Widerstand.
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