Papierfabrik Plattling
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Die Papierfabrik Plattling soll geschlossen werden.

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400 Jobs weg: Papierhersteller UPM schließt Werk in Plattling

In Niederbayern verlieren wohl 400 Menschen ihren Job: Das Unternehmen UPM will die Papierfabrik in Plattling schließen. Der Schritt sei notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Wirtschaftsminister Aiwanger kündigte einen Besuch an.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Der Papierhersteller UPM plant, sein Werk in Plattling zum Jahresende zu schließen. Das gab das Unternehmen am Dienstag auf seiner Webseite bekannt. Von den Plänen sind 401 Mitarbeitende betroffen.

Unternehmen will "wettbewerbsfähig" bleiben

Mit diesem Vorhaben setze man die notwendigen Schritte fort, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und die Kapazität für grafische Papiere an eine profitable Kundennachfrage anzupassen, heißt es zur Begründung. Grafische Papiere sind Papiere zum Bedrucken, Beschreiben und Kopieren. In den letzten 15 Jahren sei die Nachfrage nach diesen Papieren stetig zurückgegangen. Es werde erwartet, dass sich dieser Trend fortsetze, so UPM. Auch die Energieversorgung ist dem Unternehmen zufolge ein Thema. "Hinsichtlich einer sicheren, zuverlässigen und wettbewerbsfähigen Energieversorgung stehen unsere Produktionsanlagen in Deutschland derzeit vor großen Herausforderungen", hieß es.

Die Beschäftigten der UPM-Papierfabrik in Plattling wurden von der Werkleitung in mehreren Betriebsversammlungen über die bevorstehende Schließung des Standorts unterrichtet. "Die Nachricht war natürlich ein Schock für die gesamte Belegschaft", sagte der für die Werkschließung jetzt zuständige Manager Gerhard Mayer dem BR.

Standort Plattling mit "schwierigster Kostenstruktur"

Der massive Nachfragerückgang auf dem Papiermarkt habe UPM zum Handeln gezwungen, so Mayer weiter. Die Entscheidung gegen die Produktionsstätte in Plattling sei gefallen, weil die dortige Fabrik im Vergleich zu den anderen UPM-Standorten in Deutschland, Finnland und Großbritannien die "schwierigste Kostenstruktur" aufweise.

Mayer betonte, die Werksleitung sei bemüht, allen Mitarbeitern einen schnellen Zugang zu offenen Stellen auf dem regionalen Arbeitsmarkt zu verschaffen. Insbesondere wolle sich UPM bemühen, dass die insgesamt 15 Azubis am Standort Plattling ihre Ausbildung bei anderen geeigneten Unternehmen in der Region abschließen könnten.

Was mit der gewaltigen Fabrikanlage im Industriegebiet nahe der Autobahn A92 nach der Schließung geschehen soll, dazu machte Mayer keine Angaben. Es sei zu früh, Aussagen zu einer möglichen künftigen Nutzung zu machen, sagte der Manager.

"Atombombe für Plattling"

Fassungslos reagierte auf die Schließungsankündigung der Betriebsratschef von UPM am Standort Plattling, Helmut Faber: "Das ist ein schwerer Schock, eine Atombombe in Plattling", sagte Faber dem BR. Die Gespräche mit der Firmenleitung würden bereits laufen, der Betriebsrat habe aber noch keine Strategie, wie man mit dem drohenden Aus für die Papierfabrik umgehen soll, räumte Faber ein.

Die Papierproduktion in Plattling wurde im Jahr 1982 gestartet. "Jetzt geht eine Tradition verloren", klagt Faber. Bis heute würden oft Familienangehörige aus drei Generationen in dem Werk arbeiten. Im BR-Interview kündigte er an, dass ab dem 1. August die internen Vorbereitungen zu Beratungen über einen Sozialplan beginnen sollen.

Aiwanger kündigt Besuch an

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nannte die angekündigte Schließung der Plattlinger Papierfabrik am Dienstag einen "harten Schlag". Gleichzeitig kündigte er an, die Fabrik baldmöglichst zu besuchen. "Wir werden uns um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern. Wir sind mit der Unternehmensführung in Kontakt, es muss sozialverträgliche Lösungen geben", sagte er laut Mitteilung. Der Arbeitsmarkt in Niederbayern biete glücklicherweise Alternativen.

Mit Blick auf die Papierbranche kommt die Schließung für den Wirtschaftsminister offensichtlich nicht ganz überraschend. Das Marktumfeld sei wegen der Digitalisierung für Papierhersteller schwierig geworden, heißt es in Aiwangers Stellungnahme. Hinzu kämen auch die hohen Energiepreise. "Weniger Zeitschriften und reduzierter Papierbedarf lassen die Nachfrage sinken", so Aiwanger.

Stadt Plattling und Landkreis Deggendorf von Schließung überrascht

Die Stadt Plattling, die Gemeinde Stephansposching und der Landkreis Deggendorf zeigen sich in einer gemeinsamen Mitteilung vom Aus der Papierfabrik überrascht: "Die drei am stärksten betroffenen Kommunen wollen alle Kräfte bündeln und sich gemeinsam für den Standorterhalt sowie die betroffenen Menschen einsetzen", heißt es.

Deggendorfs Landrat Bernd Sibler (CSU) wolle "alle Hebel in Bewegung setzen". Zeitnah sollen deswegen Gespräche mit dem Konzern, dem Betriebsrat und der Agentur für Arbeit geführt werden. Die Agentur für Arbeit hat dem BR mitgeteilt, dass gerade im Kreis Deggendorf 1.500 Stellen frei sind, zum Beispiel 51 freie Stellen für Elektrotechniker. Auch Siblers Vorgänger im Landratsamt, der aktuelle Bauminister Christian Bernreiter (CSU), soll eingeschaltet werden.

In der "Abendschau" im BR-Fernsehen sorgte sich Sibler auch um die künftige Nutzung des weitläufigen Areals an der A92. "Wenn man sich umsieht: Das ist eine riesige Fabrik. Wir werden sehen müssen, was aus dieser Fläche wird." Sibler wies im Gespräch mit dem BR darauf hin, dass das Gelände sehr gut erschlossen sei. Außerdem deutete der Landrat an, dass es Interessenten für das Areal gebe. Was das konkret bedeutet, soll sich in den nächsten Tagen zeigen.

"Katastrophe" für den Standort

Hans Schmalhofer (CSU), Bürgermeister der Stadt Plattling, spricht in der Mitteilung von einer "Katastrophe für den interkommunalen Standort Plattling/Stephansposching". Die Suche nach einer neuen Nutzung für das Gelände der Papierfabrik UPM sei nun besonders wichtig, so der Bürgermeister auf Nachfrage des BR. Zu den Mitarbeitern sagte er, dass es für Papiermacher in unmittelbarer Nähe nichts Vergleichbares gebe. Hier müsse man eventuell auch über Umschulungen nachdenken. In Niederbayern verlieren wohl allein bei UPM 400 Menschen ihren Job. Dazu kommen mehr als 100 Stellen bei Dienstleistern, die im Feuer stehen.

Allerdings betonte Schmalhofer auch, dass der Standort der Fabrik im Industriegebiet nahe der A92 der sehr gefragt sei und täglich Anfragen von interessanten Unternehmen im Mail-Postfach der Stadt Plattling ankommen würden. Priorisiert werde sich jetzt aber um die Sozialvereinbarungen für die Mitarbeiter gekümmert, so Schmalhofer weiter. Jutta Staudinger (CSU), Bürgermeisterin der Gemeinde Stephansposching, verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass hinter jedem der gefährdeten Arbeitsplätze Menschen und Familien stehen. Für sie wolle man sich gemeinsam einsetzen.

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