Wenn die Abfüllanlage der Familienbrauerei Wiethaler in Neunhof bei Lauf an der Pegnitz anspringt, versteht man kaum noch ein Wort. Am Fließband werden die Glasflaschen gereinigt und wieder befüllt. Vier verschiedene Sorten alkoholfreies Bier hat die kleine Brauerei im Sortiment. Seniorchefin Sabine Wiethaler-Dorn hätte sich das vor fast 20 Jahren nicht träumen lassen. Ihr Sohn Andreas Dorn startete 2007 einen Versuch – heimlich, als sie auf Reha war.
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"Wer soll das trinken?" - Geschmack verbessert
Am Telefon beichtete er seiner Mutter die Tat. "Damals habe ich zu ihm gesagt: 'Du spinnst. Wer soll das trinken? Das schmeckt doch nicht!'", erinnert sich Sabine Wiethaler-Dorn zurück. Als sie von der Reha wieder zurückkam, hatte ihr Sohn aber schon vier Paletten verkauft. "Das war das Wunder des alkoholfreien Biers", lacht die Seniorchefin.
Lange klebte am alkoholfreien Bier ein schlechtes Image. Doch junge Brauer wie Andreas Dorn haben viel ausprobiert, um den Geschmack zu verbessern. Außerdem habe die TU München Weihenstephan viel dazu geforscht, berichtet der junge Brauer. Auch technisch sei man weiter. Was genau Andreas Dorn anders macht, will er nicht verraten: "Betriebsgeheimnis", sagt er schmunzelnd.
Produktion von alkoholfreiem Bier in Deutschland mehr als verdoppelt
Der verbesserte Geschmack zahlt sich aus. Das alkoholfreie Bier wird in Deutschland immer beliebter: Die Produktion hat sich laut Statistischem Bundesamt in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt: von 266 Millionen Litern auf 556 Millionen Liter. Der Marktanteil von alkoholfreiem Bier lag im Jahr 2023 bei ungefähr sieben Prozent des gesamten deutschen Biermarktes, teilt der Verband Privater Brauereien Bayern mit. Der Rest, 93 Prozent, war noch immer alkoholhaltiges Bier. Die Zahlen für 2024 liegen noch nicht vor, der Trend geht aber weiter in Richtung alkoholfrei.
So wird alkoholfreies Bier hergestellt
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, alkoholfreies Bier herzustellen. Entweder wird dem fertigen Bier der Alkohol entzogen oder der Gärprozess frühzeitig gestoppt. Andreas Dorn hat sich für die zweite Variante entschieden. Mehrmals am Tag muss er deswegen das Bier kontrollieren und den Alkoholgehalt messen. Dieser darf nicht über 0,5 Volumenprozent steigen, sonst darf das Bier nicht als alkoholfrei verkauft werden.
Rettungsanker für Familienbrauerei
Mittlerweile sichern die alkoholfreien Varianten in Neunhof bei Lauf an der Pegnitz sogar die Existenz der kleinen Familienbrauerei. "Wenn wir unser alkoholfreies Sortiment nicht hätten, wären wir schon weg vom Fenster", betont Sabine Wiethaler-Dorn. 20 Prozent des Biers, das sie herstellen und verkaufen, ist alkoholfrei. Ein hoher Anteil im Vergleich zu anderen großen Brauereien. Das Bier verkaufen sie in der Region. Auch die alkoholfreie Gaststätte in Großenohe in der Fränkischen Schweiz beliefern sie. Und so garantiert ausgerechnet das anfangs so unbeliebte alkoholfreie Bier die Zukunft der kleinen Traditionsbrauerei.
IM VIDEO: Brauerei setzt auf alkoholfreies Bier
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